Vielmehr stellt sich immer häufiger die Frage, ob auch der Anwendungsbereich der mittlerweile zahlreichen Investitionskontrollregime weltweit eröffnet ist. Neuerdings kommen im Falle bestimmter drittstaatlicher Subventionen noch weitere Regeln auf EU-Ebene dazu. Insbesondere bei internationalen Transaktionen heißt das für beteiligte Unternehmen: Sie haben im Rahmen der Planung eines M&A-Deals eine ganze Reihe von regulatorischen Prüfverfahren mit Anmeldepflichten auf unterschiedlichen Ebenen – EU und Mitgliedstaaten – zu beachten und entsprechend den Vollzug der anmeldepflichtigen Transaktionen zu gestalten.
Deutlich komplexere Vorgaben
Durch die zunehmenden Vorgaben ist die Abwicklung internationaler Transaktionen deutlich komplexer geworden. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Investitionskontrolle. Es gibt kaum M&A-Deals, in denen investitionskontrollrechtliche Anmeldepflichten nicht relevant werden. In der EU verfügen aktuell 22 von 27 Mitgliedstaaten über einen investitionskontrollrechtlichen Überprüfungsmechanismus, Tendenz steigend. Dabei können die nationalen Regelungen stark voneinander abweichen, sodass jede möglicherweise einschlägige Anmeldepflicht sorgsam geprüft werden muss. Im Gegensatz zu der Fusionskontrolle, wo eine Anmeldepflicht in der Regel anhand fester Schwellenwerte bestimmt werden kann, ist eine solche in der Investitionskontrolle aufgrund der häufig allgemein gehaltenen Vorschriften oft schwer festzulegen.
Diverse Verschärfungen in der deutschen Investitionskontrolle haben zu einer Verdoppelung der Anzahl anmeldepflichtiger Transaktionen geführt. So wurden u.a. die Sektoren, die in den Anwendungsbereich einer Anmeldepflicht fallen, von sieben im Jahr 2020 auf insg. 27 Sektoren erhöht. Gleichzeitig wurden die Erwerbstatbestände erweitert, insbesondere die Schwellenwerte für den Erwerb von Stimmrechtsanteilen herabgesenkt. In anderen Ländern ist eine ähnliche Tendenz zu beobachten.
Folge der Evaluierung auf der EU-Ebene: Erleichterung
oder weitere Verschärfungen?
Die EU-Kommission hat im Rahmen der Evaluierung der einschlägigen EU-Screening-Verordnung einen Optimierungsbedarf festgestellt und einen Vorschlag für eine überarbeitete Verordnung veröffentlicht. Dieser sieht eine Angleichung der nationalen Regelungen vor, was aufgrund der aktuell bestehenden, teils erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf Fristen und Verfahren zu begrüßen ist. Andere Aspekte, die die EU-Kommission vorgestellt hat, können grenzüberschreitende Transaktionen jedoch auch erschweren. Hervorzuheben ist hier z. B. die geplante Pflicht, Investitionen in jedem Mitgliedstaat gleichzeitig anzumelden. Während diese Vorgabe die Arbeit der Behörden erleichtern kann, kann es einen beachtlichen Mehraufwand der beteiligten Unternehmen zur Folge haben.
In Deutschland hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz parallel zum Vorgehen auf der EU-Ebene ebenfalls einige Aspekte der nationalen Regelungen als verbesserungsbedürftig eingestuft. Es ist jedoch derzeit unklar, ob und wie das Gesetzesvorhaben weiter betrieben wird. Denkbar ist hier etwa die Schaffung eines völlig neuen Investitionsprüfungsgesetzes, welches die derzeit geltenden Regelungen im Außenwirtschaftsgesetz bzw. in der Außenwirtschaftsverordnung ersetzen würde.
Hohe Fallzahl, wenige Verbote
Die Zunahme der anmeldepflichtigen Transaktionen bedeutet nicht, dass jede erfasste Transaktion als kritisch einzustufen ist. Zwar kann die Tätigkeit eines Zielunternehmens in bestimmten Industrien die Aufmerksamkeit der nationalen Behörden wecken. Dabei spielt auch das Herkunftsland des ausländischen Investors eine nicht unbedeutende Rolle. In der Praxis bleiben aber Untersagungen nach wie vor selten. Allerdings gibt es eine hohe Dunkelziffer an Verfahren, die erst nach teils umfangreichen Zusagen seitens der beteiligten Unternehmen beendet werden können.
Auch erste gerichtliche Entscheidungspraxis, etwa des VG Berlin, aber auch auf europäischer Ebene, verschafft hier keine echte Abhilfe. Zum einen ist der Rechtsweg aufgrund der Schnelllebigkeit des M&A-Geschäfts aus Sicht der Unternehmen oft kein probates Mittel, um etwaige negative Auswirkungen abzuwenden. Zum anderen ändert die gerichtliche Entscheidungspraxis wenig an dem Umstand, dass behördliche Verfahren oft intransparent und damit auch weniger vorhersehbar sind.
Resümee
Die Investitionskontrolle wird in den kommenden Jahren ein wesentlicher Teil der regulatorischen Aspekte des M&A-Geschäfts bleiben. Dies gilt nicht zuletzt aufgrund der geopolitischen Entwicklungen, welche die Gesetzgeber bzw. Behörden zu Reaktionen bewegen. Dabei gilt es, eine Balance zwischen den nationalen Sicherheitsinteressen und einem investitionsfreundlichen Klima zu gewährleisten. Der Weg dorthin ist im Moment sehr steinig und für die M&A-Praxis mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Umso wichtiger ist es daher, etwaige investitionskontrollrechtliche Risiken im Vorfeld sorgfältig zu analysieren und entsprechende Vorkehrungen, sei es im Rahmen der Strukturierung einer Transaktion oder bei der vertraglichen Gestaltung, zu treffen. Es gilt daher insgesamt das Motto: Gut geplant ist schon halb gewonnen.