NEUE GESETZLICHE VERPFLICHTUNGEN
Nach parlamentarischen Irrungen und Wirrungen trat mit rund eineinhalbjähriger Verspätung am 2. Juli 2023 das neue Hinweisgeberschutzgesetz (“HinSchG”) in Kraft. Grundlage des HinSchG ist die EU-Whistleblower Richtlinie vom 23. Oktober 2019; Hinweisgeber sollen sich künftig in der EU auf verbindliche gesetzliche Standards berufen können. Von den Auswirkungen der neuen gesetzlichen Herausforderung sind sowohl private Unternehmen als auch öffentliche Beschäftigungsgeber betroffen.
Ziel des neuen Gesetzes ist der verstärkte Schutz von Personen, die (vermeintliche) Verstöße gegen Recht und Gesetz oder interne Richtlinien melden. Dabei soll der unternehmensinterne Meldekanal bevorzugt werden und die Hinweise fallen nur dann in den Schutzbereich des Gesetzes, wenn sie einen Bezug zum Beschäftigungsverhältnis des Whistleblowers haben. Repressalien oder negative Konsequenzen infolge einer in guter Absicht abgegebenen Meldung sind nicht erlaubt; im Zweifel muss zukünftig der Arbeitgeber den (negativen) Beweis erbringen, dass eine arbeitsrechtliche Maßnahme mit einem zuvor abgegebenen Hinweis nicht im Zusammenhang steht.
Es besteht dringender Handlungsbedarf: Private Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten müssen die Vorgaben des HinSchG seit dem 2. Juli 2023 umsetzen; Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten bleibt eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023. Alle Pflichten des HinSchG finden für den öffentlichen Dienst bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes Anwendung. Die im HinSchG festgelegte Übergangsfrist für die privaten Beschäftigungsgeber gilt ausdrücklich nicht für den öffentlich-rechtlichen Bereich. Bei Nichtumsetzung droht ein Bußgeld bis zu 50.000 EUR.
WESENTLICHE INHALTE DES HINWEISGEBERSCHUTZGESETZES
Interne Meldestellen
Im Kern des HinSchG steht die Einrichtung eines internen Meldekanals für Beschäftigte. Die wesentlichen Anforderungen an die interne Meldestelle lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Es müssen Möglichkeiten zur mündlichen (telefonisches oder persönliches Gespräch) und zur schriftlichen Meldung (postalisch, per E-Mail oder webbasiertem Portal) eingerichtet werden. Der finale Gesetzestext sieht keine Verpflichtung zur Einrichtung einer anonymen Meldemöglichkeit mehr vor; jedoch sollen anonym eingehende Meldungen bearbeitet werden.
- Der hinweisgebenden Person muss innerhalb von max. 7 Tagen eine Eingangsbestätigung erteilt werden und ist innerhalb von max. 3 Monaten über Folgemaßnahmen zu informieren.
- Die eingehenden Meldungen müssen umfassend dokumentiert werden.
- Das Gesetz sieht eine Beweislastumkehr vor, wenn die hinweisgebende Person eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit erleidet. Die Vermutung, dass die Benachteiligung eine Repressalie für den Hinweis ist, soll aber nur dann bestehen, wenn die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht.
- Die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen müssen die notwenige Fachkunde und Unabhängig vorweisen. In diesem Zusammenhang muss das Unternehmen die interne Meldestelle nicht selbst betreiben, sondern kann auch Dritte (z.B. Rechtsanwälte) mit der Einrichtung eines Meldesystems beauftragen.
Externe Meldestellen
Hinweisgebende Personen haben nach dem HinSchG ein Wahlrecht, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden. Aus diesem Grund sind bestimmte öffentliche Stellen (u.a. Bundesamt für Justiz, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und Bundeskartellamt) zur Einrichtung und zum Betrieb von externen Meldestellen verpflichtet, an die sich alle hinweisgebenden Personen wenden können. Das HinSchG sieht allerdings ausdrücklich vor, dass die Meldung an eine interne Meldestelle gegenüber einer externen Meldestelle zu bevorzugen ist, wenn intern wirksam gegen Verstöße vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten müssen.
Was wird gemeldet?
Aus der langjährigen Erfahrung kann berichtet werden, dass sehr oft Meldungen erfolgen, die im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Problemen am Arbeitsplatz stehen. Oft fällt hier der “Mobbing-Vorwurf”. In diesen Fällen können die Konflikte oft mittels einer Mediation oder einer internen Umstrukturierung entschärft werden. Das Meldesystem hat also einen positiven Einfluss auf das Betriebsklima! In der zweiten Kategorie werden – oft anonym – Hinweise auf mögliche Straftaten im eigenen Unternehmen gemeldet. Diese führen bei Substanz zur Aufdeckung und zur Beendigung krimineller Machenschaften, deren Gesamtschäden in Deutschland auf jährlich mehrere Milliarden Euro geschätzt werden. Auch dies zeigt, dass unabhängig von einer gesetzlichen Verpflichtung ein Melde-System unverzichtbarer Bestandteil der Compliance ist und die Vorteile für die Unternehmen überwiegen.
Auslagerung bietet Vorteile
Ausdrücklich gestattet nach dem neuen Gesetz ist die Auslagerung auf einen professionellen Dienstleister. BDO Legal bietet auf der Grundlage der langjährigen Erfahrung im Umgang mit Hinweisgebersystemen seinen Mandanten die „BDO Compliance Assistance“ an: Dieses Produkt richtet für die betroffenen Beschäftigungsgeber ein externes Hinweisgebersystem ein, wobei erfahrene Rechtsanwälte als externe Ombudspersonen fungieren. Der Hinweisgeber kann den Compliance-Verstoß schriftlich, elektronisch, telefonisch oder auch persönlich melden. Dabei gewährleistet das webbasiertes BDO Legal Hinweisgeberportal eine weltweite und permanente Erreichbarkeit in allen Sprachen. Entsprechend den Vorgaben des HinSchG wird eine sichere – vor allem cyber-safe – Übermittlung der Hinweise garantiert; die Informationen sowie die Identität des Hinweisgebers und der in der Meldung genannten Personen werden absolut vertraulich behandelt. Darüber hinaus kann dem Hinweisgeber – sofern gewünscht – auch Anonymität gegenüber den jeweiligen Ansprechpartnern beim Beschäftigungsgeber zugesichert werden.
Falls notwendig unterstützen die Experten von BDO Legal und der BDO AG bei der forensischen, rechtlichen und steuerlichen Abarbeitung der Hinweise; im Bedarfsfall auch durch das internationale Netzwerk.
Ergänzt wird der Service mit weiteren praxisnahen Assistance-Leistungen aus dem Bereich der Compliance; so z.B. mit Schulungsformaten zum Thema Compliance sowie einem 24/7 Strafverteidiger-Notruf.
Mit dem webbasierten BDO Legal Hinweisgeberportal kann auch eine zweite gesetzliche Verpflichtung erfüllt werden:
Zum 1. Januar 2023 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (“LkSG“) für Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Deutschland. Ab dem 1. Januar 2024 sind Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten im Inland betroffen. Es gibt zudem bereit sehr weit fortgeschrittene Pläne in der EU für die Einführung eines europäischen Lieferkettengesetzes, welches ab 250 Mitarbeiter gelten soll.
Das Gesetz verpflichtet Unternehmen innerhalb ihrer Wertschöpfungsketten menschenrechtliche und umweltbezogene Standards zu beachten. Neben einem entsprechenden Risk Assessment und Management ist zwingende gesetzliche Voraussetzung auch das Vorhalten eines – weltweit – erreichbaren Beschwerdeverfahrens, bei dem vermeintliche Verstöße gegen die Standards in der Lieferkette gemeldet werden können.
Mehr Informationen unter:
Hinweisgebersystem (bdolegal.de)
BDO Legal Beschwerdeverfahren Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)