Öffentliche Übernahme

BGH erspart McKesson weiteren Nachschlag zur Celesio-Übernahme

Acht Jahre nach der Übernahme von Celesio durch McKesson beschäftigt die Abfindung der Aktionäre weiterhin die deutschen Gerichte. Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass Aktionäre, die seinerzeit das Übernahmeangebot nicht annahmen, keinen nachträglichen Aufschlag erwarten können – auch wenn diese Erwartung durch ein anderes Urteil in dem Celesio-Komplex geweckt wurde.

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Thomas Winter

Der BGH hatte sich 2017 mit der Klage des US-Hedgefonds Magnetar, eines früherer Celesio-Minderheitsaktionärs, befasst und entschieden: Gläubiger einer Wandelschuldverschreibung des Zielunternehmens dürften nicht bessergestellt werden als die regulären Aktionäre bei einer öffentlichen Übernahme (Az. II ZR 315/19). Weil McKesson den Gläubigern der Wandelschulverschreibung 30,95 Euro pro Celesio-Aktie in Aussicht gestellt habe, stünde dies auch den Minderheitsaktionären zu, die das öffentliche Übernahmeangebot von McKesson zu 23,50 Euro pro Celesio-Aktie angenommen hätten. Für McKesson bedeutete die Entscheidung Mehrkosten von rund 370 Millionen Euro. 

Angebotsannahme als Voraussetzung

Mit den Fonds von Davidson Kempner (Az. II ZR 312/19) sowie von Polygon und Blackwell (Az. II ZR 315/19) beschäftigte sich das Gericht nun mit Minderheitsaktionären, die das öffentliche Übernahmeangebot zu 23,50 Euro, anders als Magnetar seinerzeit, aus unterschiedlichen Gründen nicht angenommen hatten. Sie klagten darauf, ebenfalls im Gegenwert der Wandelschuldanleihen entschädigt zu werden. Das sah der Bundesgerichtshof allerdings anders: Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) vermittele nur den Aktionären, die das öffentliche Angebot annehmen, einen Anspruch auf eine angemessene Gegenleistung, die sich am Wert von Wandelschuldverschreibungen orientiere, so der BGH.

Höchstrichterliche Entscheidung trotz Einigung

Reiner Hall

Während beim höchsten deutschen Zivilgericht noch über Aktionärsrechte gestritten wurde, verkaufte die US-Mutter große Unternehmensteile von McKesson Europe im vergangenen Sommer dem Mannheimer Pharmahandelskonzern Phoenix. Dieser hatte angekündigt, McKesson-Geschäfte in Belgien, Frankreich, Irland, Italien, Portugal und Slowenien erwerben zu wollen und auch die Ex-Celesio-Zentrale in Stuttgart. Sofern die Behörden zustimmen, soll die Transaktion im Laufe des Jahres abgeschlossen werden.

Den Streit mit den Fonds Davidson Kemper, Polygon und Blackwell wollte McKesson aber unbedingt höchstrichterlich entschieden wissen, obwohl sie sich mit ihnen längst auf eine Abfindung zuzüglich Zinsen geeinigt hatte.

Stephan Oppenhoff

Vertreter Celesio Holdings Deutschland/McKesson Europe
Rohnke Winter (Karlsruhe; BGH-Vertretung): Dr. Thomas Winter
Linklaters (Frankfurt): Stephan Oppenhoff (Corporate), Dr. Rupert Bellinghausen (beide Federführung); Associate: Dr. Marcel Gade (beide Dispute Resolution)

Vertreter Davidson Kemper, Polygon und Blackwell
Dr. Reiner Hall (Karlsruhe; BGH-Vertretung)
Morgan Lewis & Bockius (Frankfurt): Dr. Christian Zschocke, Dr. Ulrich Korth (beide Corporate/Kapitalmarktrecht)

Bundesgerichtshof, II. Zivilsenat
Prof. Dr. Ingo Drescher (Vorsitzender Richter), Volker Sander (Berichterstatter), Manfred Born, Barbara Grüneberg, Dr. Dirk von Selle

Hintergrund:  McKesson gehört schon seit einem guten Jahrzehnt zu den internationalen Mandanten von Linklaters. Corporate-Partner Oppenhoff war in dem Team, das die Celesio-Übernahme seinerzeit steuerte. Zusammen mit Dr. Jochen Laufersweiler verhandelte er auch den Teilverkauf  an Phoenix in diesem Jahr.

Für die gerichtlichen Verfahren mit den Hedgefonds zog Oppenhoff den Litigation-Experten Bellinghausen hinzu, der häufig in gesellschaftsrechtlichen und Post-M&A-Streitigkeiten zu sehen ist. Die Zusammenarbeit zwischen dem Linklaters-Team und dem BGH-Anwalt Winter ist eingespielt. Bereits im ersten BGH-Verfahren, in dem die Abfindung von Minderheitsaktionären verhandelt wurde, setzte Linklaters auf Winter.

Die klagenden Fonds hatten laut Marktinformationen in den Vorinstanzen Morgan Lewis an ihrer Seite. Der deutsche Managing-Partner Zschocke und Corporate-Partner Korth vertraten die Interessen der Investoren. Korth berät laut Marktinformationen auch Georg Haub als Gesellschafter der Tengelmann Warenhandelsgesellschaft in der innerfamiliären Auseinandersetzung mit seinem Bruder und Tengelmann-CEO Christian Haub. Für die BGH-Vertretung wählten sie Hall, der mit der  Celesio-Materie ebenfalls schon länger vertraut ist. Hall hatte den klagenden US-Fonds Magnetar Capital vertreten, der sich erfolgreich gegen die geringe Abfindung durch McKesson wehrte. 

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