Als erstes Oberlandesgericht haben die Kölner Richter entschieden, dass Urhebern auf Grundlage von Paragraf 32e des Urheberrechtsgesetzes im Privatrundfunk umfassend Auskunft über die mit ihren Produktionen erzielten Werbeeinnahmen erteilt werden muss (Az. 6 U 60/24). Der Paragraf sieht vor, dass Urheber eine Nachvergütung verlangen können, wenn sich mit dem Werk erzielte Erträge als unverhältnismäßig zur gezahlten Vergütung erweisen sollten.
Geklagt hatte Jana Bernhardt, Geschäftsführerin einer Filmproduktionsfirma, gegen die RTL Television GmbH, Betreiberin des Fernsehsenders RTL. Bernhardt ist unter anderem als Regisseurin und Drehbuchautorin maßgeblich an der Umsetzung der Produktionen beteiligt und hat in der Vergangenheit mehrfach mit RTL zusammengearbeitet.
Werbeeinnahmen rund um die Sendung entscheidend
Die Klägerin monierte, dass die von RTL gezahlten Beträge deutlich unter den üblichen Vergütungen liegen würden. Diese seien nicht ausreichend, um die Miturheber der Produktionen angemessen zu bezahlen. Daher forderte Bernhardt eine angemessene Nachvergütung für sechs Produktionen. Damit sie überhaupt die Höhe des Zahlungsanspruches geltend machen kann, war im ersten Schritt die Offenlegung der erzielten wirtschaftlichen Vorteile – insbesondere der Werbeinnahmen – im zeitlichen Zusammenhang rund um ihre Produktionen nötig. Dieser besteht laut OLG zu der Werbung, „die unmittelbar vor der Sendung, während der Pausen und unmittelbar danach gezeigt wird“.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Zwar hat das OLG keine Revision vor dem BGH zugelassen. Allerdings kann Nichtzulassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werden. Schon in erster Instanz hatte das Landgericht Köln der Klägerin recht gegeben (Az. 14 O 308/22). Der Fall könnte als Präzedenzfall Auswirkungen auf die gesamte private TV-Branche haben und viele Kreative dazu bewegen, Auskunft über die Werbeeinnahmen im Umfeld ihrer Beiträge zu verlangen.
Vertretung Jana Bernhardt
Spirit Legal (Leipzig): Dr. Jonas Kahl; Associates: Dr. Henning Fangmann, Timea Müller (alle Urheber- und Medienrecht)
Vertretung RTL
LST Schuhmacher & Partner (Köln): Prof. Dr. Elmar Schuhmacher (Urheber- und Medienrecht)
Oberlandesgericht Köln, VI. Zivilsenat
Dorothea Hammer (Vorsitzende Richterin)
Hintergrund: Die Klägerin wurde zunächst beim gescheiterten Versuch der außergerichtlichen Einigung von Spirit Legal vertreten sowie im Anschluss bei den Verfahren vor dem Landgericht Köln und dem OLG Köln. Federführend waren dabei Associate Fangmann und Partner Kahl.
Spirit Legal vertrat zuletzt im Bereich Medien- und Urheberrecht erfolgreich den Seenotretter Axel Steiner gegen Ex-Bild-Chef Julian Reichelt sowie die Grünen-Politikerin Claudia Maicher gegen den AfD-Bundesverband. Außerdem vertritt Spirit Legal die Verbraucherzentrale Sachsen in einer Sammelklage gegen Amazon Prime.
RTL wird von der auf Medien- und Urheberrecht spezialisierten Kanzlei LST Schuhmacher & Partner vertreten. Zu deren Mandantschaft gehören unter anderem TV-Sender, Film- und TV-Produktionsunternehmen. So vertritt die Kanzlei RTL samt Partnerunternehmen schon seit mehr als 25 Jahren. Auch die Verlage Axel Springer und Dumont zählen zu den Mandanten.
Aktualisierung vom 27.11.24: Wie LST Schuhmacher auf JUVE-Nachfrage bestätigte, wurde die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH bereits eingereicht und angenommen. Nun entscheidet der BGH in den kommenden Monaten, ob eine Revision zugelassen wird.