Umstrittene Boni

Verfahren gegen Middelhoff & Co. sollen eingestellt werden

Das Verfahren um vermeintlich unberechtigt an Thomas Middelhoff gezahlte Boni wird vermutlich gegen alle Angeklagten eingestellt werden. Das zeichnete sich in der heutigen Verhandlung vor dem Landgericht Essen ab. Auf Anregung der Kammer erörterten Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht Möglichkeiten zur Verfahrensbeendigung.

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Wehnert_Anne
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Das Verfahren gegen Middelhoff wurde im Zuge dessen formal abgetrennt. Es wird wird voraussichtlich übermorgen nach Paragraf 154 StPO mit Blick auf die vorherige Verurteilung eingestellt. Die Verfahrenseinstellungen für die anderen Angeklagten sollen dann nach JUVE-Informationen in der folgenden Woche folgen. Die Verfahren gegen die Ex-Arcandor-Aufsichtsräte H. P. und W. R. sollen nach Paragraf 153 StPO eingestellt werden, die gegen die anderen früheren Arcandor-Aufseher nach Paragraf 153a StPO gegen Zahlung einer fünfstelligen Geldauflage.

Das Verfahren lief von Anfang an holperig. Ursprünglich war die Zahl der Angeklagten deutlich höher und die Tatvorwürfe waren weitreichender, als das, was schließlich vor dem Essener Landgericht landete.

Derzeit geht es nur noch um eine Bonuszahlung aus dem Jahr 2008, die aufgrund der finanziell angespannten Situation des ehemaligen Warenhauskonzerns und verfehlter Leistungsziele nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht hätte ausgezahlt werden dürfen. Die Aufsichtsratsmitglieder hätten mit ihrer Entscheidung, Middelhoff und einem weiteren Vorstand insgesamt rund neun Millionen Euro an Boni auszuzahlen, ihre Aufsichtspflichten verletzt und Firmenvermögen veruntreut. Bei Middelhoff geht die Anklage davon aus, dass er aktiv auf die Auszahlung hingewirkt und so Beihilfe zu der Untreue geleistet hat. Ursprünglich hatten die Staatsanwälte Anklage gegen 15 Ex-Vorstände und Aufsichtsräte des inzwischen abgewickelten Arcandor-Konzerns erhoben, waren aber von der Strafkammer in ihrem Eröffnungsbeschluss in die Schranken gewiesen worden.

Die Verteidiger hatten von Beginn an Freisprüche im Visier. Die Tatsache, dass die Angeklagten sich schon seit Jahren immer wieder in Gerichtssälen wiederfinden, dürfte bei den Überlegungen, einer Einstellung zuzustimmen, durchaus eine Rolle spielen. Das jetzige Verfahren war vom Essener Gericht bereits bis Dezember terminiert worden. Bislang wurde erst eine Zeugin gehört.

Vertreter Ex-Vorstand Thomas Middelhoff
Thomas Deckers Wehnert Elsner (Düsseldorf): Dr. Anne Wehnert, Udo Wackernagel
Buse Heberer Fromm (Berlin): Dr. Hartmut Fromm

Gercke_Björn
Gercke_Björn

Vertreter Ex-Aufsichtsratschef Carl Friedrich Janssen
Gercke Wollschläger (Köln): Prof. Dr. Björn Gercke, Dr. Ulrich Leimenstoll
Prof. Dr. Franz Salditt (Neuwied)

Vertreter Ex-Aufsichtsrat L. H. 
Prof. Dr. Hans Kudlich (Erlangen)
Bissel & Partner
(Erlangen): Martin Reymann-Brauer
Beisse & Rath
(Nürnberg): Peter Rath, Dr. Felix Hechtel

Vertreter Ex-Aufsichtsrat J. R.
Dierlamm (Wiesbaden): Prof. Dr. Alfred Dierlamm 

Vertreter Ex-Aufsichtsrat H. P.
Fischer Euler (Frankfurt): Dr. Jürgen Fischer
Heuking Kühn Lüer Wojtek (Düsseldorf): Dr. Susanne Stauder

Vertreter Ex-Aufsichtsrat M. S.
Dierlamm (Wiesbaden): Eva Racky, Katharina Kolbe

Vertreter Ex-Aufsichtsrat W. R. 
LSS Rechtsanwälte (Frankfurt): Marko Spänle, Markus Leonhardt

Staatsanwaltschaft Bochum 
Daniela Friese, Dr. Heinz-Helmut Fuhrmann

Landgericht Essen, 1. Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer
Edgar Loch (Vorsitzender Richter)

Hintergrund: Bei den Verteidigern gibt es seit Anklageerhebung wenig Neues. Einzig Reymann-Brauer kam erst später ins Mandat. Nach dem Rückzug von Dr. Sven Thomas aus dem Middelhoff-Mandat trat seine langjährige Kanzleipartnerin Wehnert in den Vordergrund.

 

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