Rickmers und E.R. Capital teilten mit, dass sie sich für die Prüfung mehrere Wochen Zeit nehmen wollen. Durch die Zusammenlegung der Rickmers Maritime Service und der E.R. Schiffahrt entstünde ein Unternehmen, das rund 220 Frachtschiffe bereedern würde. Damit würde sie ihre Hamburger Konkurrentin Hapag-Lloyd überrunden, die Ende vergangenen Jahres 177 Containerschiffe zu ihrer Flotte zählte.
Die beiden verhandelnden Firmen haben über die traditionsreiche Reederfamilie Rickmers bereits eine gemeinsame Geschichte: Die Brüder Erck und Bertram Rickmers, Nachkommen in fünfter Generation der Gründer, arbeiteten bis 1996 zusammen in dem von ihnen gegründeten Emissionshaus Nordcapital. Nach dem Ausstieg von Bertram Rickmers wurde aus Nordcapital später E.R. Schiffahrt.
Seit 2008 hängen unter der Finanzholding E.R. Capital verschiedene maritime Dienstleister und Investitionsgesellschaften, darunter auch Nordcapital. Insgesamt beschäftigt E.R. Capital rund 3.500 Mitarbeiter an Land und auf See. In das Gemeinschaftsunternehmen würde E.R. Schiffahrt rund 90 Schiffe einbringen.
Bertram Rickmers gründete nach seinem Ausstieg bei Nordcapital seinerzeit die Rickmers Holding und kaufte im Jahr 2000 von Hapag-Lloyd die Rickmers-Linie zurück. Heute ist das Unternehmen in den drei Bereichen Maritime Assets, Maritime Services und Rickmers-Linie aktiv. Erst im vergangenen Jahr wurde die Dachgesellschaft Rickmers Holding in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, Bertram Rickmers sitzt dem Aufsichtsrat vor. Im vergangenen Jahr beschäftigte Rickmers rund 2.200 Mitarbeiter und musste ein Umsatzminus von 135 Millionen Euro verzeichnen.
Die beiden Schifffahrtsunternehmen sind nicht die ersten Hamburger Unternehmen, die einen Schulterschluss angesichts der schon seit Jahren andauernden Krise anstreben: Hapag-Lloyd und chilenische Reederei Compañía Sud Americana de Vapores (CSAV) hatten ihr Containergeschäft 2014 zusammengelegt. Die Reederei Hamburg Süd, die zum Oetker-Konzern gehört, hatte 2015 wiederum die Containerliniendienste und dazugehörigen Agenturfunktionen der chilenischen Wettbewerberin Compañía Chilena de Navegación Interoceánica (CCNI) übernommen.
Berater E.R. Capital
Gleiss Lutz (Hamburg): Dr. Patrick Mossler (Corporate), Dr. Stefan Lingemann (Arbeitsrecht); Associates: Dr. Maximilian Habel (Gesellschaftsrecht), Jörn Otte (Arbeitsrecht)
Berater Rickmers
Allen & Overy (Hamburg): Dr. Nicolaus Ascherfeld (Gesellschaftsrecht) – aus dem Markt bekannt
Inhouse Recht (Hamburg): Katharina Eucken (General Counsel) – aus dem Markt bekannt
Hintergrund: Die Arbeit für die involvierten Kanzleien und Inhousejuristen dürfte nun erst losgehen, da die Pläne über ein Zusammengehen noch in einer frühen Phase sind.
Beide Seiten setzen dabei auf vertraute Berater. Gleiss-Partner Mossler begleitet E.R. Capital bereits seit Langem. Die Kontakte reichen noch zurück in die Rittstieg-Zeit, der Vorgängerkanzlei des Hamburger Gleiss-Büros.
Allen & Overy-Partner Ascherfeld ist im Markt schon seit Längerem für seine Tätigkeit für Rickmers bekannt. So begleitete er seine Mandantin etwa 2013 bei einem Joint Venture mit Fonds des Private-Equity-Hauses Apollo Global Management.
Die langjährige Rickmers-Inhousejuristin Eucken leitet die Rechtsabteilung seit 2011 als General Counsel, im November vergangenen Jahres wurde sie zusätzlich zum Chief Compliance Officer ernannt. Sie gehört zur erweiterten Geschäftsführung der Rickmers Gruppe. 2007 begleitete Eucken etwa die Vorbereitungen für den IPO von Rickmers Maritime am zweiten Hauptsitz des Unternehmens in Singapur, 2010 leitete sie zudem die Verhandlungen um die gesamte Refinanzierung der Rickmers Gruppe mit einem geschätzten Gesamtvolumen von 2,2 Milliarden US-Dollar.
Als Hapag-Lloyd mit CSAV zusammenging, wurde sie vor allem von Freshfields Bruckhaus Deringer in Hamburg beraten, CSAV vertraute auf ein Düsseldorfer Team von Linklaters. Bei der Übernahme des Containergeschäfts von CCNI durch Hamburg Süd gab es auf Anwaltsseite wieder ein Hamburger Stelldichein: Während Hamburg Süd auf ein Team von CMS Hasche Sigle unter der Federführung von Dr. Christian von Lenthe und Dr. Arne Burmester setzte, wurde CCNI von einem Ince & Co-Team um die Partner Dr. Jan Hungar und Dr. Christopher Quandt begleitet. (Christine Albert)
Ergänzung Ende August 2016: Die Zusammenlegung der Schiffsmanagement-Aktivitäten erfolgt nicht, teilten die Unternehmen mit. Die Fusionspläne wurden somit beerdigt.