Vergleichsweise moderat ging es in Hamm zu, auch wenn mehr als doppelt so viele Anwälte wie sonst zur Versammlung erschienen waren und die Kammer als ausgesprochen konservativ gilt. Zwei Stunden wurde kontrovers diskutiert, dann setzte sich der Antrag des RWE-Anwalts Wolfdieter von Hesler, die berufsrechtliche Anerkennung der Syndizi zu unterstützen, mit 277 zu 144 Stimmen durch. Das Votum ist aber mit dem Auftrag an das Präsidium verbunden, darauf zu achten, dass das Vertretungsverbot des Paragrafen 46 der Bundesrechtsanwaltsordnung auch in zivilrechtlichen Verfahren nicht umgangen wird.
Es ist vielleicht die ehrlichste Entscheidung, die bislang in den Kammern getroffen wurde, macht sie doch deutlich, wo genau viele niedergelassene Anwälte der Schuh drückt: Sie fürchten neue Konkurrenz durch die Syndizi. Diese wiederum legen zumeist nicht den geringsten Wert darauf, vor Gericht agieren zu dürfen – und damit früher oder später auch zu müssen.
In Düsseldorf saßen mehr als 1.000 Kammermitglieder fast sieben Stunden zusammen. Es war – wie schon in Berlin – eine Rekordteilnehmerzahl, geschuldet vor allem den Unternehmensanwälten aus den Konzernen im Kammerbezirk. Die Abstimmung, mit der Vorstand und Präsidium verpflichtet wurden, den Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zu unterstützen, fiel um einiges klarer aus als in Hamm: 412 Teilnehmer stimmten dafür, 15 dagegen, 26 enthielten sich. Ein Teil der Versammlungsteilnehmer war zu diesem Zeitpunkt bereits gegangen, da sich die Wahlgänge für den Vorstand bis in den Abend zogen und die Abstimmung durch die aktuelle Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer an Brisanz verloren hatte. Diese hatte kurz zuvor eine Kehrwende vollzogen.
Die Frage der Vorstandsbesetzung sorgte hingegen schon im Vorfeld der Sitzung für reichlich Aufregung. Der Bundesverband der Unternehmensjuristen hatte – wie vor anderen Wahlen auch – eine Kandidatenliste veröffentlicht, aus der sich ergab, wer auf Seiten der Syndizi steht. Auf diese Initiative reagierten Kanzleianwälte vereinzelt mit E-Mail-Initiativen, die ganz offensichtlich verunsichern sollten.
15 Posten – die Hälfte des Vorstands – waren neu zu besetzen und der ein oder andere Amtsinhaber fürchtete ganz offensichtlich, seinen Stuhl räumen zu müssen. Die Befürchtungen waren berechtigt, die Anti-Syndikus-Initiative verpuffte. Lediglich drei Vorstände wurden wiedergewählt, und zwar Olaf Kranz von Taylor Wessing, Dr. Volker Schumacher von Lindenau Prior & Partner sowie Dr. Philipp Voet van Vormizeele, Chefjurist des Werkstoffunternehmens Outukumpu. Acht der neuen Vorstände kommen aus Unternehmen, zwei aus Verbänden und je einer von PricewaterhouseCoopers und Hengeler Mueller. Damit kommt Düsseldorf auf ein ähnliches Ergebnis hin wie schon vor einigen Wochen die Berliner Kammer.
Damit sind nun alle großen Regionalkammern dazu verpflichtet, den vorliegenden Referentenentwurf beziehungsweise das vorangegangene Eckpunktepapier des Ministeriums zu unterstützen. Auch die BRAK war vor wenigen Tagen auf diese Linie eingeschwenkt. Deren Berufsrechtsausschuss legte eine Einschätzung vor, in der er seine Bedenken auf zwei Punkte beschränkte: die partielle Lockerung des Vertretungsverbots und das Anhörungsrecht des Rentenversicherers vor einer Zulassungsentscheidung. Die Hauptversammlung der BRAK schloss sich den Bedenken an, eine detaillierte Stellungnahme steht jedoch noch aus.