Debatte

Brauchen Kanzleien für Massengeschäft eine eigene Marke?

Dieselskandal, DSGVO-Sammelklagen, Internetwetten und Co: Die Bearbeitung von Massengeschäft gehört für immer mehr Kanzleien zum Alltag. Doch benötigen sie eine eigene Marke, um diesen Geschäftszweig von ihrem sonstigen Beratungsangebot abzugrenzen?

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„Bei der Akquise hat uns die Marke geholfen.“

Dr. Jan Wildhirth ist Partner bei Fieldfisher und Geschäftsführer von Fieldfisher X.

Es kommt auf den Ansatz an: Will man als Kanzlei das machen, was man schon immer getan hat und Technologie nur an der einen oder anderen Stelle unterstützend einsetzen? Oder ist das, was man unter der neuen Marke anbietet, ein vollkommen anderes Produkt? Dann ergibt es Sinn, dem Kind auch einen anderen Namen zu geben. So haben wir es bei Fieldfisher X gemacht. Wir erbringen für unsere Mandanten skalierbare und technologiegestützte Rechtsdienstleistungen. Beispiele sind etwa Massenverfahren oder Vertragsautomatisierungsplattformen. Dabei kommen Mandanten immer mit Technologie in Berührung.

Die Vorteile einer eigenen Marke ergeben sich unter anderem im Recruiting. Denn wir suchen ganz unterschiedliche, technologisch ausgebildete Talente, die eigentlich nicht in der Branche arbeiten. Mit einer separaten Marke können wir ihnen leichter vermitteln, was genau wir machen und dass Fieldfisher X keine klassische Kanzlei ist. Gleichzeitig treibt das Setting in einer separaten Gesellschaft uns an, neue Lösungen zu finden. Man ist weniger versucht, Probleme auf herkömmlichem Wege anzugehen. Für die Akquise hat uns die Marke bisher ebenfalls geholfen: Mandanten schätzen die Transparenz, die wir vermitteln, und sind neugierig auf unsere Produkte – auch, wenn unser Ansatz natürlich erklärungsbedürftiger ist als der einer klassischen Kanzlei.

Für uns macht der Ansatz mit einer eigenständigen Marke auch deshalb großen Sinn, weil wir Mandanten bei der gemeinsamen Vermarktung von Produkten die Stärken beider Einheiten demonstrieren und entsprechend davon profitieren können.

„Eine Abgrenzung ist für uns nicht nötig.“

Daniel Hürter ist Partner bei Redeker Sellner Dahs und dort auch für Massenverfahren zuständig.

In der Vergangenheit haben sich Kanzleien, die ihre Tätigkeitsbereiche erweiterten, nicht die Frage stellen müssen, ob dafür eine eigene Marke notwendig ist. Dass auch Kanzleien wie Redeker Sellner Dahs heute zunehmend mit sogenanntem Massengeschäft konfrontiert sind, so etwa im Bereich des Glücksspielrechts, verändert die Ausgangslage. Diese Arbeit, die sich von unserem Kerngeschäft unterscheidet, kann einen zwar auf die Idee bringen, sich darüber Gedanken zu machen, ob die Kernmarke die Veränderungen auch verträgt.

Die Antwort auf die Frage hängt aus unserer Sicht aber davon ab, wie sehr sich das Massengeschäft vom Kerngeschäft unterscheidet: Wenn das Massengeschäft sozusagen „wahllos“ betrieben werden soll, dann liegt es nahe, eine eigene Marke dafür zu gründen. Das wäre der Fall, wenn das Massengeschäft mit keiner am Markt wahrgenommenen Kernkompetenz der Sozietät in Verbindung steht oder wenn völlig andere Mandanten angesprochen sind.

Für Kanzleien, die bei der Auswahl des Massengeschäfts ihre Marktwahrnehmung kritisch im Blick haben und in Einklang mit diesen Entscheidungen treffen, wird sich die Frage nicht stellen. Sie werden ihr Massengeschäft unter ihrer eigenen Marke vermarkten können und sogar wollen.

So geht es uns bei Redeker: Wir halten eine Abgrenzung unseres Massengeschäfts nicht für nötig, weil wir auch in diesen Themen mit den Kompetenzen assoziiert werden können und wollen, die unsere Kernmarke repräsentiert.

Dieser Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 03/24 des JUVE Rechtsmarkt.

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