JUVE: Anfang Dezember 2023 sind Sie als Senior Manager und Head of Legal Operations bei Delivery Hero eingestiegen. Was war damals der Status quo?
Larissa Böhme: Vor meinem Einstieg gab es bereits Legal-Tech-Projekte sowie verschiedene automatisierte Prozesse und seit 2022 auch ein Legal-Tech-Team. Meine Kolleginnen und Kollegen und meine Managerin, Anna Halmer, gleichzeitig unsere Deputy General Counsel, haben mir daher eine spannende technische Ausgangslage ermöglicht. Allerdings hatte Delivery Hero keine zentrale Legal-Operations-Funktion, die neben der reinen Tech-Ebene auch weitere Legal-Ops-Themen strategisch und zentral abgedeckt hat.
Wieso wurde die Funktion eingeführt?
In den vergangenen Jahren ist das Unternehmen durch Zukäufe stark gewachsen und mittlerweile in mehr als 70 Ländern weltweit präsent. Das gilt auch für die global aufgestellte Rechtsabteilung. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir eine ganzheitliche, global angelegte Legal-Operations-Strategie verfolgen. Um es konkreter zu machen: Der Aufgabenbereich soll sich nun beispielsweise zusätzlich auf Prozessstandardisierung, Datenanalyse, den globalen Roll-out von Blueprints und Change Management erstrecken. Natürlich gehen diese häufig Hand-in-Hand mit Technologien. Riesenpluspunkte des Status quo sind, dass wir einen großen Rückhalt für Legal-Ops-Themen durch unseren General Counsel, Andreas Krause, Tech-DNA in unserer Unternehmenskultur und eine unglaublich diverse Rechtsabteilung haben.
Welche Projekte wollen Sie als erstes angehen?
Im vergangenen Jahr hat das Legal Team eine neue Software für Contract-Lifecycle- und Matter-Management eingeführt und begonnen, sie in ihren Basisfunktionalitäten global auszurollen. Dies werden wir aus der Zentrale nun weiterführen und optimieren. Dazu gehört auch, dass wir den Change-Prozess begleiten. Zudem stehen die Themen Legal-Spend- und Vendor-Management, Legal KPI sowie Self-Service auf der Agenda. Parallel beschäftigen wir uns mit den Möglichkeiten des Einsatzes von künstlicher Intelligenz.
Ein volles Programm also. Wie sind Sie personell dafür aufgestellt?
Zum Legal-Ops-Kernteam in Berlin gehören neben mir ein Engineer sowie eine weitere, auf Legal Tech spezialisierte Juristin. Das Team soll auch in naher Zukunft schlank und effizient aufgestellt bleiben. Zusätzlich arbeiten wir eng vernetzt mit sogenannten Legal-Tech-Botschafterinnen und -Botschaftern in den Praxisgruppen der Rechtsabteilung sowie den Regionen zusammen.
Das Konzept der Legal-Tech-Botschafter kennt man bisher nur aus Kanzleien. Was verstehen Sie darunter?
Bei Delivery Hero gibt es weltweit mehr als 20 von ihnen, in Bereichen wie zum Beispiel Arbeitsrecht oder M&A. Sie sorgen für einen regelmäßigen Austausch zwischen den Praxisgruppen und dem Legal-Operations-Team, unter anderem bei monatlichen Roundtables. Zudem unterstützen sie uns beispielsweise bei unseren Projekten, indem sie an Use Cases aktiv mitarbeiten und Wissen in ihr Team tragen. Wichtig ist, dass ihnen für diese Aufgaben ein zeitlicher Freiraum zusätzlich zu ihrer täglichen Arbeit eingeräumt wird. Hinzu kommen regelmäßige Schulungen, zum Beispiel in Formaten wie Innovationsworkshops, aber auch zu technischen Fragen. Up-Skilling, Train-the-Trainer-Programme und Vernetzung treiben wir gerade stark voran, um sie zu echten Innovationsexpertinnen und -experten zu machen. Hybride Legal-Operations-Teamstrukturen mit Durchschlagskraft sowie einer zentralen Strategie sind das Ziel. Ein großes Legal-Operations-Team als Silo ist daher nicht vorgesehen und passt auch nicht zu unserer Kultur.
Wer unterstützt Sie bei den anderen Legal-Operations-spezifischen Aufgaben wie Projektmanagement und Co?
Auch dafür setzen wir bewusst auf einen vernetzten Ansatz, bei dem mein Team und ich auf Kapazitäten aus dem operativen Geschäft zurückgreifen können. Beispielsweise unterstützt uns unsere Chief of Staff at the GC Office in Hinblick auf die Koordination von einzelnen unserer globalen Change-Maßnahmen. Im Projektmanagement erhalten wir Unterstützung durch tolle Assistenzen, ein PMO-Team oder auch von Stakeholdern anderer Fachabteilungen, die inhaltlich an Themen mitarbeiten. Dasselbe gilt in puncto Technologie: Anstatt neue Legal-Tech-Software einzukaufen, greifen wir zunehmend auf vorhandene Enterprise-Lösungen wie SAP, Jira, SmartSheet und Co zurück und machen sie uns für die Bedürfnisse der Rechtsabteilung zunutze. Meine Prognose ist, dass in Zukunft auch in anderen Unternehmen der Trend immer mehr in diese Richtung gehen wird.