Ein Warnschuss, denn die Aktionäre sind mit der Performance und der schleppenden Umsetzung der neuen Strategie unzufrieden. Finanzchef Stefan Krause präsentierte auch Zahlen zu den rechtlichen Problemen: Rund 7.000 Rechtsstreitigkeiten sind anhängig, knapp 1.000 Fälle mehr als im Vorjahr.
Probleme mit Regulierungsbehörden
Die Brandherde im Rechtsbereich sind vielfältig. Im April hat die Bank etwa im Libor-Skandal das Kapitel in den USA und Großbritannien zwar mit einem milliardenschweren Vergleich geschlossen, bei dem ihr Hengeler Mueller, Slaughter and May und Paul Weiss Rifkind Wharton & Garrison zur Seite standen. Die Behörden in Großbritannien und den USA brummten ihr jüngst eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar auf. Das Untersuchungsergebnis der deutschen BaFin liegt vor, Details sind jedoch noch nicht bekannt. Bezüglich der Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Umsatzsteuerbetrugs beim Handel mit CO2-Zertifikaten steht Clifford Chance der Bank zur Seite. Weltweit prüfen Aufsichtsbehörden außerdem derzeit billionenschweren Tricksereien im Devisenhandel. Die Deutsche Bank als einer der größten Devisenhändler der Welt soll Finanzkreisen zufolge mehrere Händler vom Dienst suspendiert haben, die unter dem Verdacht stehen, Referenzkurse manipuliert zu haben. Die Deutsche Bank hat nach eigenen Angaben eine interne Untersuchung hierzu eingeleitet.
In Deutschland sorgt der im April gestartete Strafrechtsprozess gegen Fitschen sowie die früheren Spitzenmanager Josef Ackermann, Rolf Breuer und Clemens Börsig wegen eines angeblichen Prozessbetrugs im Kirch-Zivilprozess für besonderes Aufsehen. Den Streit mit den Kirch-Erben beendete die Bank zwar mit einem 900 Millionen-Euro-Vergleich, bei der ihr Linklaters zur Seite stand. Die Staatsanwaltschaft München erhob aber schließlich Anklage gegen die frühere Führungsriege und Fitschen und weitete die Ermittlungen zudem auf Anwälte von Hengeler Mueller und Gleiss Lutz sowie Mitarbeiter der Rechtsabteilung einschließlich des Personal- und Compliancevorstands Stephan Leithner aus, der Anfang 2015 die Zuständigkeiten für Rechtsthemen an Christian Sewing abgab. Die Bank selbst wird strafrechtlich in diesem Fall von der Münchner Kanzlei Leitner & Partner beraten. Auf der Hauptversammlung bestätigte Achleitner in diesem Zusammenhang erstmals, dass die Bank einen Regress gegen Breuer prüfe.
Wechsel im Rechtsressort zeichnet sich ab
Nachdem Privatkundenchef Rainer Neske überraschend die Bank verlassen hat, übernimmt Rechtsvorstand Sewing zunächst neben seiner Tätigkeit als Chef des Bereichs Legal, Incident Management Group und Group Audit den Posten. Das „zunächst“ beziehe sich auf die Tätigkeit im Rechtsbereich, so Achleitner gestern – hier stehen also die nächsten Umbaumaßnahmen an, Sewing wird das Rechtsressort wohl mittelfristig abgeben. Zudem wird Nadine Faruque, die erst im Dezember 2014 von UniCredit als neue weltweit verantwortliche Compliance-Chefin hinzukam, zur Generalbevollmächtigten der Bank ernannt und wird den Rechtvorstand künftig bei Compliance-Themen unterstützen.
Die hitzige Hauptversammlung wurde in diesem Jahr federführend von Allen & Overy betreut, der Düsseldorfer Partner Dr. Hans Diekmann soll nach Marktinformationen das Mandat führen. Damit übernimmt eine Kanzlei, die einerseits in den streitigen Komplexen nicht involviert ist. Andererseits bestehen zwischen dem früheren Shearman & Sterling-Partner Diekmann und Georg Thoma, lange Jahre die prägende Gestalt bei der US-Kanzlei hierzulande, weiterhin enge Kontakte. Thoma sitzt im Aufsichtsrat der Bank und gilt als enger Vertrauter von Chefaufseher Achleitner. In den Vorjahren war stets Hengeler Mueller eine der Hauptberaterinnen der Deutsche Bank-HV gewesen.
Beim gestrigen Aktionärstreffen beanstandeten Aktionäre auch die hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten und Vergleiche. Unter anderem attackierte Klaus Nieding von Nieding & Barth in seiner Rolle als Vizepräsident des Anlegerschutzvereins DSW den Vorstand. „Wir alle zahlen die Zeche für die Casino-Zockereien Ihrer Investmentbanker“, sagte Nieding mit Blick auf die hohen Strafen aus dem Investmentbanking. Die DSW will daher eine unabhängige Sonderprüfung zu den Rechtsstreitigkeiten der Bank durchsetzen – zur Not per Gericht.