DFB-Vizepräsident Rainer Koch im Interview

Die Lehren aus der Sommermärchen-Affäre

Autor/en
  • JUVE

Seit Oktober vergangenen Jahres kämpft der Deutsche Fußball Bund (DFB) mit dem Verdacht, sich die Austragung der Fußball-WM 2006 erkauft zu haben. Der 1. DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch steuerte die Aufarbeitung der sogenannten Sommermärchen-Affäre maßgeblich mit. Mit JUVE sprach er über den Skandal, die Aufklärungsarbeit und die Lehren für die Zukunft.

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Koch_Rainer
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JUVE: Blicken wir kurz auf Mitte Oktober 2015 zurück, als die Sommermärchen-Affäre aufkam. Welche persönlichen Erinnerungen haben Sie an diese Tage?
Rainer Koch:
Die Affäre ist bei mir im Prinzip eine Stunde vor einer für Freitagvormittag angesetzten Telefonkonferenz angekommen. Da wurde ich von Wolfgang Niersbach zum ersten Mal grob über die 6,7-Millionen-Euro-Zahlung in Kenntnis gesetzt und über den Fragenkatalog, den der ‚Spiegel‘ an Herrn Niersbach geschickt hatte. Diese Fragen waren wohl am Mittwoch gestellt worden. Am Donnerstag gab es dann in der DFB-Zentralverwaltung Erörterungen mit zwei hinzugezogenen Anwälten, Christian Schertz und Daniel Krause, bei denen ich aber nicht einbezogen worden bin.

Sie stimmen mir sicher zu, dass es ein Unding ist, dass Sie über solch ein heikles Thema nicht direkt informiert wurden. Wie will der DFB dafür sorgen, dass der interne Umgang mit solch rechtskritischen Themen professioneller abläuft?
Ich habe immer von einem Totalversagen aller Kontrollmechanismen gesprochen. Das darf sich nicht wiederholen. In einem ersten wichtigen Schritt, und das gilt für die Fifa genauso wie für den DFB, müssen wir durchsetzen, dass es ein zwingender Grundsatz ist, Recht und Gesetz, also die Verbandsstatuten, einzuhalten. Die Rule of Law darf in der Verbandswelt kein Fremdwort sein. Das ist fast schon ein ethischer Ansatz und hat noch nichts mit Kontrollmechanismen, sondern mit einer Grundeinstellung zu tun. Als Richter begreife ich Recht immer auch als ein Kontroll- und Schutzinstrumentarium und nicht nur als Statut. Gutes Recht dient immer auch dazu, Führungskräften und Entscheidungsträgern Grenzen aufzuzeigen. Kontrollmechanismen sind dann dazu da, diese Rechtsprinzipien mit abzusichern und durchzusetzen.

Ein hehres Ziel. Aber mit welchen Mitteln wollen Sie das konkret erreichen?
Wir müssen den Kreis der Personen, die in Krisensituationen informiert und einbezogen werden müssen, erweitern und so das Kontrollinstrumentarium in seiner Bedeutung erhöhen. Das heißt konkret, künftig auch den Generalsekretär über die Satzung in die Pflicht zu nehmen, brisante Informationen an das Präsidium und nicht mehr nur an den Präsidenten weiterzugeben. Kontrolle durch das Präsidium setzt Kenntnis und Information voraus, Präsident und Generalsekretär dürfen nicht alleine entscheiden, wie mit brisanten Informationen umgegangen wird.

Der DFB plant einige Strukturreformen. Wie sieht der weitere  Weg in dieser Hinsicht aus?
Auf dem Bundestag im November werden wir über strukturelle Maßnahmen diskutieren und entscheiden. Bis dahin werden wir gemeinsam auf der Basis des zwischen DFB-Spitze, Ligaspitze und den Spitzen der Regional- und Landesverbände vereinbarten Eckpunktepapiers Lösungsvorschläge entwickeln. Wir werden die Kontrollmechanismen ausbauen, die internen Informationspflichten erweitern, die interne Revision intensivieren und das auch in den Verbandsstatuten festschreiben.

Sie wollen auch eine Ethikkommission und Compliance-Abteilung schaffen.
Der DFB hatte bisher anders als die Fifa keine Ethikkommission, weil wir für die Sanktionierung von Ethikverstößen den Kontrollausschuss als ausreichend erachtet haben. Tatsächlich haben wir in den letzten Monaten aber erkannt, dass der Kontrollausschuss, der ja im Kern eine sportgerichtliche Kontroll- und Anklageinstanz für den Spielbetrieb ist, doch nicht zugleich die Instanz sein sollte, die sich mit Verstößen gegen Ethikgrundsätze befasst. Zugleich gilt es, ethische Grundsätze auch in einem Kodex aufzuschreiben. Compliance-Themen werden künftig in der DFB-Zentralverwaltung zu einer Aufgabe des Generalsekretärs mit festem Personal. Das Vorhaben ist im Eckpunktepapier mit DFL und Ligaverband festgeschrieben, die konkrete Umsetzung ist jetzt eine wichtige Aufgabe der nächsten Monate.

Auch die Direktion Recht bekommt eine neue Funktion. Wo ist der Unterschied zur bisherigen Konstruktion?
In den letzten Jahren hatten wir eine Direktion Recht, Personal, Finanzen mit einem Direktor als Leiter, der ohne juristische Ausbildung war. Das war eine Fehlkonstruktion. Seit Kurzem ist die Direktion Recht wieder eigenständig, also abgekoppelt. Das hat dazu geführt, dass mit Dr. Jörg Englisch ein Jurist an der Spitze der Direktion steht und dass die Direktion Recht einen erweiterten Kontroll- und Prüfauftrag hat. Sie arbeitet künftig nicht mehr nur zu, sondern wird zu einem neu installiertem internen Kontrollmechanismus.

Mehr über die Strukturreformen sowie die künftige Rolle der Direktion Recht im DFB sowie Kochs Urteil über die Untersuchung der Affäre durch Freshfields lesen Sie im aktuellen JUVE-Rechtsmarkt 07/16.

 

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