Mappus stimmte einer Verlängerung der Verjährungsfrist lediglich bis Ende März zu, Versuche der Landesregierung, ihn zu einem längeren Zeitraum zu bewegen, scheiterten. Darauf verzichtete die grün-rote Landesregierung nun auf eine Klage. Man setze darauf, das Geld der Steuerzahler im Schiedsverfahren zurückzuholen, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Mappus ist damit der einzige Protagonist, dem nun im Streit um den umstrittenen EnBW-Aktienrückkauf kein Schadensersatz mehr droht. Der Deal zwischen dem Land und dem französischen Energiekonzern EdF war im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt worden. Seitdem verlangt die Landesregierung Kompensation von den verschiedenen Beteiligten.
Eigentlich wären mögliche Schadensersatzansprüche aus dem milliardenschweren Deal bereits Ende 2013 verjährt gewesen. Mehrere Beteiligte hatten sich auf Wunsch des Landes bereit erklärt, die Verjährungsfrist bis Ende 2014 zu verlängern. Darunter sind Gleiss Lutz, die Mappus bei dem Deal beraten hat, die Investmentbank Morgan Stanley und ihr damaliger Deutschland-Chef Dirk Notheis sowie die früheren Landesminister Willi Stächele und Helmut Rau. Gegen den EdF-Konzern hat das Land eine ICC-Schiedsklage angestrengt, über die bis spätestens zum Jahresende entschieden sein soll. Für den Fall einer Niederlage in dem Verfahren wollte sich die Landesregierung Ansprüche gegen die wesentlichen Akteure des damaligen Deals vorbehalten.
Landgericht bestätigt Klage gegen Gleiss
Während das Land auf eine Klage gegen Mappus verzichtet, reichte dieser nun beim Landgericht Stuttgart mithilfe seines Prozessvertreters Franz Enderle, Partner der Münchner Kanzlei Bub Gauweiler, die schon länger angekündigte Zivilklage gegen Gleiss ein. Auf JUVE-Anfrage bestätigte das Landgericht den Eingang der Klageschrift. Zunächst will Mappus mit einer Klage die Schadensersatzpflicht seiner Ex-Berater feststellen lassen. Der konkrete Schaden, der Mappus entstanden ist, würde dann im nächsten Schritt bemessen.
Mappus, der den Milliardendeal verfassungswidrig am Landtag vorbei eingefädelt hatte, wirft Gleiss vor, die von ihm geführte Landesregierung falsch beraten zu haben. Die Kanzlei hätte weder mündlich noch schriftlich auf das Risiko hingewiesen, das damit einher ging, die Transaktion per Notbewilligungsrecht durchzuziehen. Der damals federführende Partner Dr. Martin Schockenhoff sagte dagegen vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss aus, Mappus sei bereit gewesen, den Weg zu gehen, auch wenn verfassungsrechtliche Risiken verblieben.
Die JUVE vorliegende mehr als 60 Seiten umfassende Klageschrift listet detailliert auf, wann und wie die Kanzlei verfassungsrechtliche Bedenken zerstreut haben und zu welchen Punkten sie Mappus erst gar nicht beraten haben soll. Unter anderem werden zahlreiche Treffen angeführt, ebenso verweist Enderle auf Gutachten zweier Gleiss-Anwälte, die das geplante Vorgehen gebilligt haben sollen. Dabei handelt es sich um die Verfassungsrechtlern Rupert Scholz und Clemens Weidemann. Darüber hinaus habe es die Kanzlei auch versäumt, Mappus weitere Folgen zu benennen, die sich über den konkreten Weg zur Abwicklung des Deals ergeben könnten. So habe sie „zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass der gezahlte Kaufpreis eine europarechtlich rechtswidrige und damit verbotene Beihilfe für EdF darstellen könnte“. Ebenso hätten Hinweise auf Folgewirkungen hinsichtlich der Landeshaushaltsordnung gefehlt.
Die Klageschrift ist Gleiss noch nicht zugegangen. Sie sehe jedoch keine Grundlage für Ansprüche, hatte die Sozietät in den vergangenen Wochen im Vorfeld der angekündigten Klage stets verlauten lassen.
Parallel dazu geht Mappus vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart auch gegen den EnBW-Untersuchungsausschuss vor. Er verlangt dort ein umfassenderes Frage- und Beweisantragsrecht, als es ihm bisher eingeräumt wurde sowie einen Zugang zu sämtlichen Beweismitteln. Das Gericht hat dazu eine Stellungnahme des Landes erbeten. Einsicht in Akten von Gleiss Lutz hatte sich Mappus unlängst vor dem Ausschuss selbst erkämpft. (René Bender)