Bereits vor der Gläubigerversammlung hatten sich viele Genussrechteinhaber bereit erklärt, einen Teil ihrer Insolvenzforderungen in Anteile an einer künftigen Prokon-Genossenschaft umzuwandeln. Laut Insolvenzverwalter Dr. Dietmar Penzlin fließt den Anlegern knapp 60 Prozent des ursprünglich investierten Geldes in zwei Schritten zurück: Für Anfang 2016 sieht der Insolvenzplan die Emission einer handelbaren Anleihe vor. Gläubiger, die Forderungen über 1.000 Euro haben, erhalten ein Erwerbsrecht für eine solche Anleihe, durch die Forderungen der Gläubiger in Höhe von knapp 35 Prozent befriedigt werden. Gläubiger, die keine Anteile erwerben, erhalten eine Barzahlung in derselben Höhe. Weitere Vermögensgegenstände, insbesondere die umfangreichen Darlehen an Unternehmen der Holzwirtschaft, werden an eine Abwicklungsgesellschaft übertragen. Die Quote für diesen zweiten Schritt der Gläubigerbefriedigung schätzt Penzlin auf rund 23 Prozent. Das Geld wird voraussichtlich 2017 zurückgezahlt werden.
Die Entscheidung für die Genossenschaft ist ein Rückschlag für den Karlsruher Konzern EnBW und seinen Vorstandsvorsitzenden Frank Mastiaux, der sich zuletzt sehr intensiv um die Zustimmung der Anleger bemüht hatte. Das EnBW-Angebot wurde auf der Gläubigerversammlung gar nicht mehr zur Abstimmung gestellt. Schon im Vorfeld hatten sich die Hälfte der Gläubiger für eine Genossenschaft ausgesprochen und einen Aufsichtsrat für diesen Fall gegründet. Dabei trafen die Gläubiger ihre Entscheidung womöglich nicht nur, um Prokon nicht in die Hände eines Großkonzern zu geben. Neben idealistischen Gründen dürfte auch das Geld eine Rolle gespielt haben: Insgesamt hätten die Gläubiger beim Modell von EnBW gut 52 Prozent ihres angelegten Geldes zurückbekommen – in der Version des Genossenschaftsmodells sind es knapp 60 Prozent. CMS Hasche Sigle hatte EnBW mit einem Team um Gesellschaftsrechtler Dr. Jochen Lamb und Insolvenzrechtlerin Dr. Alexandra Schluck-Amend beraten, Inhouse übernahm Kristina Hauck die Gesamtkoordination.
Carsten Rodbertus hatte Prokon 1995 gegründet und in der Folge bei Privatanlegern 1,4 Milliarden Euro über 75.000 hochverzinsliche Genussscheine eingesammelt. 2014 stellte Prokon den Insolvenzantrag, nachdem immer mehr Anleger ihr Geld zurückgefordert hatten. Rodbertus ist als Geschäftsführer und Gesellschafter ausgeschieden. Insolvenzverwalter Penzlin schloss mit ihm einen Vergleich. Noch unklar ist, ob sich der Prokon-Gründer unter anderem wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht verantworten muss.
Insolvenzverwalter Penzlin, der seine berufliche Laufbahn in der Insolvenzabteilung von White & Case in Hamburg begonnen und sich 2007 mit zwei weiteren Local-Partnern der Kanzlei selbstständig gemacht hatte, ist mittlerweile eine feste Größe. Er gehört am kleinen Insolvenzgericht Itzehoe, das mit dem Prokon-Verfahren befasst ist, seit Jahren zu den oft bestellten Verwaltern.