Erzwungener Abschied

Im Streit mit Ex-Chef Heitmann stützt sich Lanxess auf Hengeler-Gutachten

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  • JUVE

Das Ausscheiden des ehemaligen Lanxess-Chefs Axel Heitmann war nicht einvernehmlich: Heitmann verlor Ende Januar seinen Posten als Vorstandsvorsitzender des Chemie-Konzerns, kurz darauf verzichtete er auf 8,5 Millionen Euro Abfindung. Gestützt auf ein Gutachten von Hengeler Mueller soll der Rechtschef von Lanxess gedroht haben, Heitmann anderenfalls fristlos zu kündigen und öffentlich zu machen, dass dieser sich Umbaukosten für sein Privathaus zahlen ließ.

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Ende Januar hatte Lanxess mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat den ursprünglich noch bis 2017 laufenden Vertrag des Vorstandsvorsitzenden vorzeitig und einvernehmlich beende. Am 20. Februar verzichtete Heitmann auf seine Abfindung.

Für den Verzicht soll der Streit über eine Kostenübernahme im sechsstelligen Euro-Bereich für den Umbau von Heitmanns 2011 bezogenem Privathaus in Hamburg eine entscheidende Rolle gespielt haben. Heitmann habe knapp 430.000 Euro unberechtigt abgerechnet, heißt es in verschiedenen Presseberichten. Lanxess ist der Meinung, dass der Konzern die Umbaukosten nicht zu tragen habe, schließlich sei das Gebäude lediglich der Zweitwohnsitz. Zudem überschritten die Kosten das sonst „übliche Maß wesentlich“. Darüber hinaus habe Heitmann den Aufsichtsratschef nicht offiziell über den Umzug und den Umbau informiert. Lanxess stützt sich dabei auf ein Gutachten von Hengeler Mueller.

Pflichtverletzung nach Aktienrecht vorgeworfen

Die Anwälte halten dem Ex-Vorstandschef vor, die Gesamtkosten für den Einbau von Türen und Fenstern in Rechnung gestellt zu haben und nicht etwa nur Kosten für zusätzliche Sicherheitsausstattungen des Hauses. Dies ist sonst in Vorstandskreisen bedeutender Unternehmen übliche Praxis. Den Betrag soll Heitmann zudem unter Verstoß gegen die geltenden Unternehmensrichtlinien selbst angewiesen und den Aufsichtsrat nicht mit der Prüfung beauftragt haben. Damit habe er gegen das Aktienrecht verstoßen. Die Rede ist von einer möglichen groben Pflichtverletzung.

Für das Gutachten verantwortlich zeichneten laut JUVE-Informationen die Düsseldorfer Hengeler-Partner Dr. Carsten Schapmann und Dr. Maximilian Schiessl sowie Dr. Hans-Joachim Liebers aus Frankfurt. Die Kanzlei begleitet Lanxess schon seit Langem, die Verbindungen gehen zurück auf die Abspaltung vom einstigen Mutterkonzerns Bayer und den anschließenden Börsengang. Lanxess hat zudem wegen möglicher Untreue auch einen Strafrechtler eingeschaltet, dessen Name aber bisher nicht bekannt wurde.

Heitmann verzichtete letztlich auf die Übernahme der Umbaukosten und erstattete bereits geleistete Zahlungen zurück, auch weil der Konzern nach seinem Ausscheiden nicht mehr für seine Sicherheit verantwortlich ist. Dennoch wies er die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme am 17. Februar zurück. Zum einen habe er Lanxess lediglich Sonderkosten für sicherheitsrelevante Umbaumaßnahmen in Rechnung gestellt, zum anderen habe er diese selbst anweisen dürfen. Zudem habe er sich sehr wohl mit dem Aufsichtsrat abgestimmt. Er müsse sich daher weder zivil- noch strafrechtliches Fehlverhalten vorwerfen lassen.

Ex-Vorstandschef stützt sich auf Gegengutachten

Heitmann stützt sich auf zwei Gutachten. Eines kommt von dem bekannten Aktien- und Gesellschaftsrechtler Dr. Axel Bauer, der Heitmann schon zu seinen Zeiten als Partner bei White & Case beriet. Dort schied Bauer 2009 aus und ist seither in eigener Kanzlei Lexpert in Dresden tätig. Das zweite Gutachten kommt von einer der angesehensten deutschen Strafrechtsboutiquen, Feigen Graf, die zuletzt etwa an der Seite von Uli Hoeneß stand. Hier verantwortet der Kölner Walther Graf das Mandat. Im Presserecht lässt sich Heitmann JUVE-Recherchen zufolge von der Hamburger Anwältin Dr. Tanja Irion beraten. Sie begleitete kürzlich Max Mosley, den Ex-Präsidenten des Weltautomobilverbands FIA, bei dessen Streit mit dem Google-Konzern.

Drei Tage nach Hartmanns Stellungnahme eskalierte die Situation. Nach Darstellung des Heitmann-Lagers ist dieser von dem Lanxess-Rechtsabteilungsleiter am 20. Februar letztmalig aufgefordert worden, einer Änderung des Aufhebungsvertrags zuzustimmen und auf die millionenschwere Abfindung zu verzichten. Andernfalls müsse er mit einer fristlosen Kündigung durch den Aufsichtsrat rechnen.

Heitmann soll erfolglos versucht haben, die Vorwürfe durch seine Anwälte zu entkräften. Nach Rücksprache mit seinen Anwälten akzeptierte er schließlich die geforderte Änderung des Aufhebungsvertrags. Offenbar befürchtete er wegen der drohenden fristlosen Kündigung und der Veröffentlichung von Informationen einen Reputationsschaden. Beide Seiten unterzeichneten in der Sache schließlich eine Verschwiegenheitsverpflichtung.

Nachdem diese nun gebrochen wurde, ist nicht klar, wie es in der Sache weitergeht. Heitmann erwägt die Aufhebungsvereinbarung anzufechten. Möglicherweise könnte er auch überlegen, Schadensersatzansprüche gegen seinen früheren Arbeitgeber Lanxess geltend zu machen.

Heitmann hatte die frühere Bayer-Sparte Lanxess in den rund zehn Jahren seiner Amtszeit zu einem erfolgreichen Spezialchemieanbieter entwickelt, der sogar in den Dax aufstieg. 2013 brach der Konzerngewinn ein, worauf Heitmann den Rückhalt im Aufsichtsrat verloren haben soll. (René Bender, Volker Votsmeier)

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