Ein von der BaFin bestellter Sonderbeauftragter soll nun überwachen, ob Unzer die angeordneten Maßnahmen umsetzt. Nicht betroffen von dem verhängten Verbot ist das laufende sowie das neue Geschäft mit Bestandskunden der Unzer E-com. Das gelte zudem auch für das Geschäft anderer Unzer-Unternehmen im In- und Ausland teilte der Zahlungsabwickler mit, der bis September 2020 unter Heidelpay firmierte. Der Umsatz der Unternehmenstochter Unzer E-com hatte im Jahr 2021 rund 12 Prozent der Gesamteinnahmen betragen.
BaFin nach Wirecard-Skandal auf der Hut
Die BaFin hatte nach dem Wirecard-Skandal mehrere Finanzdienstleister unter die Lupe genommen. Neben der Sonderprüfung von Unzer gehörten dazu laut einem Bericht des ‚Handelsblatt‘ auch „intensive Untersuchungen“ bei Concardis und Payone.
Bei Unzer wurde die Behörde fündig. Sie stellte „eine Vielzahl von zum Teil gravierenden Mängeln in den Bereichen der angemessenen Maßnahmen der Unternehmenssteuerung, Kontrollmechanismen und Verfahren“ sowie schwerwiegende Mängel im Zusammenhang mit dem Geldwäschegesetz fest. Das teilte die BaFin Ende August mit.
Beanstandet wurde insbesondere eine spezielle Zahlungsdienstleistungskonstruktion mit mehreren hundert Händlern, bei dem Großteil davon habe es sich um Scheinfirmen gehandelt. „Das Transaktionsmonitoring für dieses Geschäft war lückenhaft oder nicht vorhanden. Das zwischen 2018 und 2021 betriebene Geschäft war ungewöhnlich profitabel“, heißt es in der Mitteilung. Daraus ergebe sich ein sehr hohes Risiko für kriminelle Geldwäscheaktivitäten.
Compliance-Funktion im Management verankert
Unzer betonte, dass sie mit der BaFin kooperiert habe und dies auch weiterhin tun werde. Zudem wolle man die geforderten Maßnahmen nun so schnell wie möglich umsetzen. Bereits im Juni vergangenen Jahres hatte der Payment-Anbieter sein Managementteam umgebaut und dabei die Compliance-Funktion gestärkt: Neben einem Wechsel auf dem CEO-Posten gehörte dazu auch ein neu eingesetzter Chief Compliance Officer, der auch zur Geschäftsleitung gehört. Dazu hatte Unzer wenige Monate zuvor mit Dr. Max Steiger einen erfahrenen Compliance-Spezialisten gewonnen, der zuvor über 20 Jahre bei der Deutschen Bank in verschiedenen Funktionen gearbeitet hatte, zuletzt etwa als Head of Corporate Functions & Infrastructure Compliance.
Seit dem Managementwechsel arbeitet Unzer an der Optimierung seiner Compliance-Prozesse und -Systeme – unter anderem auch die im Zusammenhang mit der Neukundengewinnung, wie Unzer mitteilte. Das Unternehmen habe bereits 15 Millionen Euro in die Compliance-Fortentwicklung investiert. Auch habe sich Unzer von einigen Kunden getrennt, die die Compliance-Anforderungen nicht erfüllen konnten. Unzer teilte weiter mit, dass zudem Deloitte als Abschlussprüferin Ende Mai festgestellt habe, dass der Onboarding-Prozess für Neukunden nun so gestaltet sei, dass er den regulatorischen Anforderungen genüge.
Hinter Unzer steht ein bekanntes Private-Equity-Haus: Der New Yorker Investor KKR hatte 2019 für 600 Millionen Euro die Mehrheit an Heidelpay übernommen und danach mit zahlreichen Add-on-Transaktionen ausgebaut, um es zu einem großen europäischen Player in seinem Markt aufzubauen.
Berater Unzer
Hengeler Mueller: Dr. Daniel Weiß (Frankfurt), Dr. Fabian Quast (Berlin; beide Compliance/Interne Untersuchungen), Dr. Sven Schneider (Compliance/Bankaufsichtsrecht; Frankfurt), Dr. Christian Schwandtner (Gesellschaftsrecht; Düsseldorf; alle Federführung), Dr. Constantin Lauterwein (Compliance/Interne Untersuchungen; Berlin), Dr. Christian Hoefs (Arbeitsrecht; Frankfurt), Dr. Vera Jungkind (Öffentliches Recht; Düsseldorf), Dr. Christian Schmies (Bankaufsichtsrecht), Dr. Carsten van de Sande (Konfliktlösung; beide Frankfurt), Dr. Susanne Koch (Öffentliches Recht; Düsseldorf), Jan Steffen, Dr. Malte Wundenberg (beide Bankaufsichtsrecht; beide Frankfurt); Associates: Dr. Charlotte van Kampen, Philipp Ersfeld (beide Bankaufsichtsrecht), Georg Lorenz, Dr. Daniel Gajek, Dr. Gerrit Tönningsen (alle Compliance/Interne Untersuchungen; alle Frankfurt), Dr. Maximilian Ohrloff (White Collar/Interne Untersuchungen; Düsseldorf), Dr. Mathias Priewer, Andreas Puhl, Anna Hankel (alle Berlin), Markus Fyrnys, Amir Hanna, Nükhet Tanrikulu (alle Compliance/Interne Untersuchungen), Dr. Luca Weskott (Konfliktlösung; alle Frankfurt), Dr. Frederic Geber (Öffentliches Recht; Düsseldorf)
Hintergrund: Hengeler beriet Unzer bei der Sonderprüfung und führte eine grenzüberschreitende interne Untersuchung durch. Schon 2019, als KKR das damals noch unter Heidelpay firmierende Unternehmen von der britische Investorin Anacap kaufte, beriet die Kanzlei das US-Private-Equity-Haus. Hengeler verbindet eine enge Beziehung zu KKR, den Corporate-Part übernahm damals allerdings ein Team von Weil Gotshal & Manges. Ein Hengeler-Team um den nun ebenfalls involvierten Partner Schmies beriet zu regulatorischen und kartellrechtlichen Aspekten.
Viele Zukäufe, zahlreich Berater
Auch bei den anschließenden Add-on-Transaktionen übernahm Schmies die Anmeldungen bei der BaFin, so auch beim Erwerb des technischen Netzbetreibers Lavego Ende 2020. Die Hamburger Corporate-Boutique Corvel übernahm in diesem sowie in mehreren darauffolgenden Deals die M&A-Beratung. Etwa als Unzer das PoS-Terminalgeschäft aus der Insolvenzmasse von Wirecard übernahm sowie zuletzt im April dieses Jahres beim Erwerb des Berliner Fintechs Tillhub. Bei anderen Zukäufen, etwa denen von Paysafe Pay Later, Clearhaus und Quickpay setzte Unzer auf ein Herbert Smith Freehills-Team um Dr. Nico Abel. Der hatte die Heidelpay-Gründer bereits 2017 beim Einstieg von Anacap begleitet und 2019 dann gemeinsam Anacap und die Gründer zum KKR-Einstieg beraten. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der bekannte Corporate-Partner Abel zu Cleary Gottlieb Steen & Hamilton wechselt.