Insolvenzwelle vor der Gesetzesreform

Die Reform der Insolvenzordnung tritt offiziell zum März in Kraft. Ob das ESUG die Sanierung von Unternehmen wirklich erleichtert, steht in den Sternen: Seit Ende 2011 gibt es eine Welle großer Insolvenzverfahren in den verschiedensten Branchen – abgehandelt nach altem Recht. Mit einer Ausnahme.

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+++ Explizit hat sich das Amtsgericht Hamburg auf die ESUG-Reform bezogen. Schon im November 2011 berief sich Richter Dr. Andreas Schmidt auf die kommende Rechtslage und bestellte Berthold Brinkmann, Gründer von Brinkmann & Partner, für die Sietas-Werft – auf Vorschlag eines vorläufigen Gläubigerausschusses, der eigentlich erst mit dem neuen Gesetzestext ins Leben gerufen wird. Hamburger Wettbewerber rieben sich verwundert die Augen: Brinkmann war bislang in der Hansestadt nicht als Verwalter gelistet, und das Insolvenzgericht galt diesbezüglich als ausgesprochen prinzipientreu. Derweil wurde das Insolvenzverfahren Anfang Februar eröffnet. Mit einem Großauftrag und mit beschlossenem Personalabbau geht Brinkmann auf Investorensuche. +++

Werner Schneider
Werner Schneider
Arndt Geiwitz
Arndt Geiwitz

+++ Das Ulmer Amtsgericht konnte wie der Rest des Landes den bevorstehenden Insolvenzantrag von Anton Schlecker e.K. einer Pressemitteilung entnehmen. Als dieser drei Tage später tatsächlich eintraf, waren die Spekulationen ins Kraut geschossen: Wird Michael Pluta der Verwalter, der sich noch Ende 2011 in Norddeutschland deutlich verstärkt hatte? Wird es der Woolworth-erfahrene Ottmar Hermann, den angeblich der Großgläubiger Markant favorisierte? Die Entscheidung fiel für das Hauptverfahren auf Arndt Geiwitz, Partner von Schneider Geiwitz & Partner in Neu-Ulm. Einerseits überraschend: Schneider Geiwitz steckte im Januar noch mitten im Verkaufsprozess für die größeren Teile des Druckmaschinenbauers Manroland (mehr…). Andererseits vielleicht eine passende Wahl: Die Kanzlei ist die einzige große Insolvenzkanzlei mit Wirtschaftsprüfern und Kaufleuten an der Spitze. Sie müssen sich um mehrere zehntausend Arbeitsplätze, tausende Ladenlokale und bekannte Lieferprobleme kümmern. +++

+++ In der Spezialdisziplin Automotive-Insolvenz hat Christopher Seagon von Wellensiek sich bereits häufiger engagieren können. Das rund 2.300 Mitarbeiter starke Unternehmen Meteor stellt Gummidichtungen her und wird seit Mitte Januar von Seagon betreut. Meteor war erst im Mai 2011 von dem Treuhänder Torsten Bieg von Brinkmann & Partneran den indischen Ruia-Konzern verkauft worden. Der Treuhänder war bei der Transaktion von CMS Hasche Sigle, Ruia von Osborne Clarke beraten worden. +++

+++ Zur Rettung von Meteor hat sich bereits die niedersächsische Landesregierung zu Wort gemeldet, die schon 2010 Bürgschaften übernommen hatte. Federführend dort ist Dr. Oliver Liersch, FDP-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Liersch war bis früher selbst Insolvenzverwalter bei Schultze & Braun und hat überdies vor einigen Wochen angekündigt, in Niedersachsen eine „Koordinierungsstelle Restrukturierung“ aufzubauen, die auch vor dem Hintergrund der InsO-Reform Unternehmen, Banken und Gewerkschaften zusammenbringen soll. +++

+++ Die Schweizer Petroplus-Holding musste Anfang des Jahres für ihre Zentrale und die europäischen Töchter Insolvenz anmelden (>Das internationale Tableau). Bankverbindlichkeiten in Milliardenhöhe, veraltete Raffinerie-Anlagen und gestiegene Rohölpreise ließen das rund 2.500 Mitarbeiter große Unternehmen vorerst scheitern. Während PwC in Großbritannien als Insolvenzverwalter bereits neue Lieferungen organisieren konnte, scheinen die Töchter in anderen Ländern größere Schwierigkeiten zu haben, vor allem in Belgien sowie in Frankreich, wo es parallel zum Restrukturierungsverfahren staatsanwaltliche Ermittlungen gibt. Auf deutscher Seite bestellte das Insolvenzgericht Ingolstadt Dr. Michael Jaffé zum Verwalter, der null Liquidität vorfand – weder Geld noch Rohöl. Jaffé bemüht sich um kurzfristige Finanzierung und Investoren.

Petroplus-Konzern: Das internationale Tableau

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