JUVE: Mit der Fusion Anfang 2018 traf mit Dabelstein & Passehl eine spezialisierte Hamburger Traditionskanzlei auf die breit aufgestellte Sozietät Arnecke Sibeth. Wie passt das zusammen?
Dr. Wolfgang Scholl: Das passt sogar sehr gut. Beim Zusammenschluss kam es auf keiner Seite zum Kulturschock, denn für die Fusionsgespräche haben wir uns zwei Jahre Zeit genommen. Währenddessen haben wir genau geprüft, wo die Rechtsgebiete Synergien bieten und festgestellt, dass sich unsere Kanzleien trotz ihrer unterschiedlichen Strukturen bei der Mentalität sehr ähneln. Von Vorteil waren dabei die Erfahrungen, die wir bei der Fusion von Arnecke Siebold mit Sibeth im Jahr 2015 gemacht hatten. Beide Kanzleien hatten nämlich ähnliche mittelständische Strukturen wie Dabelstein & Passehl.
Wie gehen Sie die Integration an?
Zum ersten Kennenlernen haben wir standortübergreifende Treffen organisiert, sowohl auf Partner- und Associateebene als auch auf Sekretariats- und Assistenzebene. Diese Veranstaltungen wollen wir auch künftig beibehalten – die Partnermeetings finden zweimal jährlich statt, die der Associates und der anderen Mitarbeiter mindestens einmal im Jahr. Auf organisatorischer Ebene wurde ein gemeinsames Controlling und Auswertungssystem eingeführt. Zudem arbeiten wir mit einer Agentur an einem neuen Branding der gesamten Kanzlei.
Wie gestalten Sie das gemeinsame Vergütungssystem?
So groß waren die Unterschiede in der Vergütung nicht. Dabelstein & Passehl pflegte ein etwas stärker leistungsbezogenes System, Arnecke Sibeth vergütet nach einem modifizierten Lockstep. Diesen haben die Hamburger Kollegen nach der Fusion übernommen. Einen überwiegenden Teil der Gewinne verteilen wir nach Partnerpunkten, außergewöhnliche Leistungen vergüten wir zusätzlich. Die Punkteanzahl der Partner kommen alle zwei Jahre auf den Prüfstand. Als voll integrierte Kanzlei wirtschaften alle in einen Topf, womit wir auch die standortübergreifende Zusammenarbeit fördern.
Hat das Modell der hochspezialisierten Kanzlei mit nur einem Standort, wie Dabelstein & Passehl eine war, ausgedient?
Ab einer gewissen Größenordnung ist es schwierig, mit einer starken Spezialisierung bestimmte Mandanten anzusprechen. Die Kanzlei ist dann einerseits zu groß für Unternehmen, die eine Boutique bevorzugen, bietet aber auch nicht das breite Beratungsspektrum, das viele Mandanten erwarten. Daher entschieden sich alle drei Ursprungskanzleien von Arnecke Sibeth Dabelstein dazu, auf den Full-Service-Ansatz zu setzen. Gleichzeitig bauen wir aber unsere Spezialgebiete sinnvoll aus – etwa den Transportsektor, den wir zuletzt mit einer auf Luftfahrt spezialisierten Counsel verstärkt haben. Hier decken wir neben der Luftfahrt und dem Straßenverkehr nun auch die maritime Wirtschaft interdisziplinär ab.
Welche Synergien abgesehen von Verkehr und Logistik bietet der Hamburger Standort für die anderen ASD-Büros?
Die starke Spezialisierung auf Schifffahrt und Offshore wirkt sich auch positiv auf andere Beratungsfelder aus. So hat etwa unser Finanzierungsteam zuletzt bei einer milliardenschweren Portfolio-Transaktion beraten. Insgesamt waren hier über 20 Anwälte der Sozietät aus allen Standorten eingebunden. Ein derartig bedeutendes Mandat hätte vor der Fusion keine der beiden Kanzleien erhalten. Ein weiteres Beispiel für die Synergieeffekte ist, dass Arnecke Sibeth Dabelstein sich im Arbeitsrecht einen Platz auf dem Beraterpanel des dänischen Energiekonzerns Ørsted gesichert hat. Hierfür kooperiert das Hamburger Team mit seinem Know-how in der maritimen Wirtschaft eng mit der Frankfurter Arbeitsrechtspraxis. Zudem ist der Hamburger Markt für unsere Immobilienrechtspraxis interessant – so sehr, dass wir uns für die Zukunft dort im Bereich Immobilien verstärken und neben München und Frankfurt auch in Hamburg ein Immobilienrechtsteam aufbauen werden.
Das Gespräch führte Konstanze Richter.