Interview mit Legal-Operations-Spezialistin

„Stundensatzmodell belegt nicht, dass effizient gearbeitet wurde“

Autor/en
  • JUVE

Als Head of External Engagement war Stéphanie Hamon mehrere Jahre dafür zuständig, wen und wie die Rechtsabteilung von Barclays Kanzleien mandatiert. Vor allem das "wie" hat sie sehr stark verändert. Im JUVE-Interview erklärt Hamon, die Barclays kurz nach dem Gespräch verließ, ihre neue Strategie und warum Kosteneffizienz allein nicht zum besten Ergebnis führt.

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Stéphanie Hamon
Stéphanie Hamon

JUVE: In den vergangenen Jahren haben Sie Ihre Art und Weise, wie Sie mit Anwaltskanzleien zusammenarbeiten und auch wie Ihre Berater miteinander kooperieren, radikal verändert. Warum?
Stephanie Hamon:
Es gab eine Reihe von Faktoren, sowohl interne als auch externe. Erstens hatten wir intern die Pflicht zu zeigen, dass wir die Gesamtkosten der Rechtsberatung effizient verwalten. Und zweitens, extern, wollten wir als Barclays daran mitwirken, dass sich das rechtliche Ökosystem verändert, vor allem die Dynamik zwischen Mandanten und Kanzleien. Uns war klar, dass wir diese beiden Ziele nur erreichen können, wenn wir gute Beziehungen zu unseren Kanzleien pflegen. Das heißt, die Beziehungen sollten auf Vertrauen, Transparenz und einem gemeinsamen Ziel basieren. Man kann zu Recht sagen, dass der Ansatz, den Barclays vor dieser Überprüfung verfolgte, als kostensenkend und beziehungsschädigend empfunden wurde.

Was sind die wichtigsten Bestandteile Ihres neuen Ansatzes?
Erstens: Geschäft, um eine Win-Win-Beziehung zu erreichen. Das heißt, dass wir unsere Panelkanzleien nur dann zu einer Ausschreibung eingeladen haben, wenn wir wussten, dass sie auch eine echte Chance haben zu gewinnen – und damit ausreichend Einnahmen zu erzielen, um ihre Investitionskosten zu decken. Zudem haben wir uns dazu verpflichtet, 95 Prozent unserer Arbeit an Panelfirmen zu vergeben. Zweitens: Aufbau des gegenseitigen Vertrauens mithilfe von Transparenz und Integrität. Ein wichtiges Instrument sind hierbei unsere Erwartungen an Kanzleien. Das heißt, wir definierten, was wir unter einer guten Dienstleistung verstehen. Somit wussten unsere Inhouse-Juristen, worauf sie bei der Mandatierung von Kanzleien achten müssen, und unsere Kanzleien wussten, worauf sie sich konzentrieren sollen. Zudem verpflichteten wir uns dazu, den Kanzleien regelmäßig Feedback zu geben, und zwar basierend auf den zuvor von uns kommunizierten Erwartungen. Drittens: eine gemeinsame Vorstellung von Erfolg. Viertens: Kollaboration. Sie war ein Schlüsselelement unseres Transformationsprozesses, sowohl intern als auch extern. Wir glauben, dass Zusammenarbeit ein echtes Differenzierungsmerkmal sein kann.

Wie haben die Kanzleien reagiert?
Sehr unterschiedlich. Manche waren sehr skeptisch, andere dachten, wir würden künftig einfach solche Kanzleien mandatieren, die sich proaktiv engagieren. Letztere sind tatsächlich die Kanzleien, die in den vergangenen Jahren erfolgreich waren, ihre Beziehung gestärkt und ihre Profitabilität verbessert haben. Einige Kanzleien benutzen jetzt auch unsere Tools und unseren Ansatz.

Sie haben ein Konsortium aus mehreren Kanzleien initiiert, die gemeinsam an der Optimierung des rechtlichen Projektmanagements arbeiten. Was sind die bislang wichtigsten Ergebnisse dieser Zusammenarbeit?
Das sogenannte LPM-Konsortium ist das erste, das wir gegründet haben. Seitdem haben wir eine ganze Reihe solcher Konsortien geschaffen: Beziehungsmanagement, E-Discovery, Diversity & ­Inclusion und sogar ein Pricing Committee. Die wichtigsten Ergebnisse sind ein gemeinsames Verständnis dafür, was eine gute Dienstleistung ist, der Austausch von Best Practices sowie die gemeinsame  Entwicklung von Tools, die alle Teilnehmer nutzen. Das steigert die Effizienz und stellt sicher, dass wir alle die gleiche Sprache sprechen.

Im Moment legen Sie einen Schwerpunkt auf Innovation und effektive Gebührengestaltung. Was erwarten Sie von den Kanzleien?
Sie können uns unterstützen, indem sie angemessene Preise für ihren Service in Rechnung stellen, die wir nach innen vertreten können. Das Stundensatzmodell belegt nicht, dass effizient gearbeitet wurde. Wir streben keinen Wettlauf der Kosten nach unten an, aber wir  müssen intern darstellen, dass wir kosteneffizient arbeiten. Dazu gehört eine klare Dokumentation des Arbeitsaufwands und ein effizienter Ressourceneinsatz, zum Beispiel mithilfe von Technologie.

2018 wurde Ihr letztes formelles Panel aktualisiert. Ab 2021 wollen Sie Ihr Panel laufend anpassen, basierend auf den Ergebnissen, die Sie aus Ihrer permanenten Bewertung von Kanzleien gewonnen haben. Was ist bis 2021 noch zu tun?
Um zu zeigen, dass wir auf einen aufwendigen Panel-Aktualisierungsprozess verzichten können, müssen wir uns komplett auf ein  laufendes Beziehungsmanagement umstellen. Dazu dehnen wir unser neues Beziehungsmodell, das wir mit 30 Kanzleien pilotiert haben,  auf alle Panelkanzleien aus. Damit können wir die Leistung unserer Berater kontinuierlich bewerten. Zudem müssen wir auch zahlreiche Initiativen, die wir in den vergangenen drei Jahren auf den Weg gebracht haben, konsequent weiterverfolgen, vor allem den Übergang zu effektiven Honorarvereinbarungen. Nur so können wir rechtfertigen, dass wir nicht ständig über Stundensätze verhandeln müssen.

Das Gespräch führte Astrid Jatzkowski.

Anmerkung der Redaktion: Kurz nach dem Gespräch wurde bekannt, dass Hamon Barclays verlässt und sich einem neuen Projekt widmet.

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