Nach den Turbulenzen bei der Hauptversammlung in Berlin sind die Regionalkammern alarmiert: In der Hauptstadt hatten mehr als 1.000 Anwälte an der Versammlung teilgenommen, darunter viele Unternehmensjuristen, und schließlich für eine berufsrechtliche Gleichstellung der Syndizi votiert. Im Vorstand der Kammer werden künftig mehrere Syndizi sitzen.
In Düsseldorf und Hamm stehen die gleichen Themen auf der Tagesordnung. Es ist also zu erwarten, dass auch dort die Versammlungen ungewöhnlich großen Zulauf verzeichnen werden. Düsseldorf hat, so wurde bekannt, bereits reagiert und größere Räumlichkeiten im Industrieclub, dem traditionellen Versammlungsort der Kammer, angemietet. Im Düsseldorfer Einzugsgebiet sind zahlreiche Konzerne mit personalstarken Rechtsabteilungen sowie eine Vielzahl von Großkanzleien ansässig. Etliche davon hatten bereits in Appellen an die Kammern den Syndizi ihre Unterstützung zugesagt. JUVE-Informationen zufolge haben nun auch mehrere Großkanzleien ihr Kommen angekündigt.
Essener Anwalt- und Notarverein äußert sich besorgt
Im Bezirk der Kammer in Hamm fehlen diese Kanzleien zwar weitgehend, doch dürfte auch dort mit einer eher ungewöhnlichen Sitzung zu rechnen sein. Darüber macht sich auch der Essener Anwalt- und Notarverein Sorgen. In einem Schreiben an seine etwa 700 Mitglieder, das JUVE vorliegt, prognostiziert der Vorsitzende Oliver Allesch, dass sicherlich „ein Großteil an Syndikusanwälten“ zur Kammerversammlung erscheinen werde, um eigene Interessen durchzusetzen. Es empfehle sich, bei den Wahlen – Vorstand wie Satzungsversammlung – darauf zu schauen, welche Kandidaten sich für die Belange der in Kanzleien tätigen Anwältinnen und Anwälte einsetzen. Allesch ist in Bürogemeinschaft mit zwei weiteren Anwälten tätig.
Der Essener Verein zieht damit nicht nur eine klare Trennlinie zwischen Kanzleianwälten und Syndizi. Er stellt sich auch gegen die Linie der Dachorganisation Deutscher Anwaltverein (DAV), der den Wunsch der Syndizi nach berufsrechtlicher Anerkennung seit Langem unterstützt.
„Im DAV ist eine ganz breite Mehrheit in allen Gremien für eine berufsrechtliche Lösung der Syndikusfrage“, so ein Statement des DAV-Präsidenten Prof. Dr. Ewer als Reaktion auf die Initiative der Essener. Auch dieser Verein anerkenne, dass in letzter Zeit unter den in Unternehmen beschäftigten Anwälten das Bewusstsein dafür deutlich gewachsen sei, dass sie sich künftig auch viel stärker in den Gremien der anwaltlichen Selbstverwaltung engagieren müssen. Der DAV als Dachverband begrüßt es daher, wenn auch andere Gruppen innerhalb der pluralistischen Anwaltschaft sich ihrer Wahlrechte bewusst werden und diese auch wahrnehmen.
Die Wahlen zur Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer laufen von Anfang April bis Anfang Mai. Sowohl in Hamm als auch in Düsseldorf – und in vielen anderen Kammern auch – kandidieren mehrere Syndizi für das Gremium. Viele Kandidaten legen ihre Position zum Status der Syndizi auf den Webseiten der Kammern offen und hinter den Kulissen wird längst darüber diskutiert, wer – je nach Perspektive –wählbar ist. Die Neubesetzung des Gremiums entwickelt sich so zu einem Lagerwahlkampf.