Der Stundensatz ist vielen Partnerinnen und Partnern im Mittelstand heilig. Zuletzt konnten sie nach langer Zeit des Stillstands sogar moderate Preiserhöhungen durchsetzen. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise scheuen sie Preisverhandlungen kategorisch. Im Zuge der Inflation fiel es ihnen aber offenbar leichter, auch mal über Preise zu sprechen. Ihr im internationalen Vergleich niedriges Preisniveau präsentieren sie als Allzweckwaffe gegen jede Konkurrenz und nennen das “pragmatisch und unaufdringlich“. Das kann gefährlich werden. Fakt ist, dass sich auch ihre Mandanten zunehmend über den Preis der Leistungserbringung verständigen wollen. Deswegen haben einige Rechtsabteilungen die Auftragsvergabe an den Einkauf übertragen. Kosteneffizienz ist das Stichwort in einer Zeit, in der durch künstliche Intelligenz die Karten von Preis und Leistung neu gemischt werden. Die deutschen Mittelstandskanzleien müssen anerkennen, dass der Preis auch im Rechtsmarkt zunehmend psychologisch genutzt wird. Ein niedriger Stundensatz kann unter Umständen auch niedrige Qualität suggerieren. Zu Großprojekten kann man wiederum nicht mit dem altgedienten Stundensatzmodell antreten. Deshalb müssen Partnerinnen und Partner in Sachen Preisbildung flexibler werden. Im Wettbewerb um neue Projekte kann diese Flexibilität, mit der die internationalen Kanzleien schon aufwarten, ein Gamechanger bei der Akquise sein. Die internationalen Kanzleien sollten ihr Blatt allerdings auch nicht überreizen. Denn wer flexibel ist wie ein Gummiband, der verliert auch irgendwann seine Glaubwürdigkeit.
Dieser Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 05/2024 des JUVE Rechtsmarkt.