OECD-Steuerinitiative

„Der Schuss könnte leicht nach hinten losgehen“

Autor/en
  • JUVE

Prof. Dr. Thomas Rödder von Flick Gocke Schaumburg über die OECD-Initiative gegen aggressive Steuergestaltungen.

Teilen Sie unseren Beitrag

JUVE: Die OECD hat ihren Aktionsplan gegen legale Steueroptimierung durch internationale Konzerne wie Apple oder Google fertiggestellt. Worum geht es überhaupt bei dem OECD-Vorhaben zur Bekämpfung von aggressiver Steuergestaltung und Gewinnverschiebung (Base Erosion and Profit Shifting – kurz: BEPS)?
Prof. Dr. Thomas Rödder: Die OECD will die Ursachen für niedrige effektive Steuerbelastungen multinationaler Unternehmen ermitteln und dafür sorgen, dass die Staaten wirksame Maßnahmen gegen aggressive Steuergestaltung und damit verbundene Gewinnverlagerungen in niedrig besteuernde Staaten ergreifen. Es soll insbesondere verhindert werden, dass den Ländern, in denen die Gewinne tatsächlich erwirtschaftet werden, die Steuerbasis entzogen wird oder Unternehmensgewinne gar nicht besteuert werden. Das kann durch das gezielte Ausnutzen der Steuergesetze mehrerer Staaten gelingen.

Welche Methoden werden von den Unternehmen dafür genutzt?
Es gibt eine Vielzahl von denkbaren Einzelmaßnahmen. Vor allem die geschickte Verteilung mobiler Einkünfte wird dazu genutzt. Gute Beispiele dafür sind Zinsen und Lizenzgebühren. Der Aufwand wird in Hochsteuerländern verbucht, die Einnahmen fließen Konzerntöchtern in Niedrigsteuerländern zu. Google zum Beispiel versteuert Lizenzeinnahmen ganz gezielt in solchen Niedrigsteuerländern.

Wie beurteilen Sie die OECD-Initiative aus deutscher Sicht?
Aus Sicht der deutschen Wirtschaft kann ich vor übertriebenen Schritten nur warnen. Internationale Konzerne, die in Deutschland beheimatet sind, haben fast durchweg vergleichsweise hohe Steuerquoten von durchschnittlich 25 bis 30 Prozent. In Deutschland ist die Steuermoral in den meisten Fällen insgesamt in Ordnung. Auch die Interessen des Fiskus werden von den Firmen akzeptiert; die meisten wollen ein gesellschaftlich gut angesehenes Unternehmen sein.

Gerade aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit dürfte es für deutsche Unternehmen doch dann sehr wichtig sein, Gestaltungsmöglichkeiten einzuschränken. Hilft die Initiative also der deutschen Wirtschaft?
Das kann man so sehen, dennoch rate ich zur Vorsicht, der Schuss könnte leicht nach hinten losgehen. Vor allem dürfen wir in Deutschland insoweit nicht mit einem Alleingang vorangehen. Dann würde sich der Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen nur vergrößern. Das Thema kann nur international angegangen werden. Wir müssen außerdem beachten, dass Deutschland ein Land ist, das stark vom Export lebt. Eine Besteuerung fiktiver E-Commerce-Betriebsstätten zum Beispiel, wie sie etwa Frankreich gefordert hat, könnte bei einer Verallgemeinerung zu einer verstärkten Liefergewinnbesteuerung führen. Aus Deutschland würde Steuersubstrat abgezogen und das hätte vielfältige Nachteile. Außerdem ist auch die Lizenz- und Patentbilanz in Deutschland positiv. Lizenzschranken oder Ähnliches wären also, wenn sie international als Vorbild dienen würden, für Deutschland kontraproduktiv.

Nun hat die OECD einen Aktionsplan vorgestellt. Wie ist dieser Plan aus Ihrer Sicht zu beurteilen?
Zunächst darf man nicht vergessen, dass es die Staaten sind, die sich im Steuerwettbewerb gegeneinander positionieren und damit die eigentliche Grundlage für BEPS-Probleme legen. Dies sieht auch der OECD-Aktionsplan und sieht auch insoweit einige Maßnahmen vor. Unbeschadet dessen richtet der Plan sich überwiegend gegen die multinationalen Unternehmen, die ihre Gewinne aggressiv verlagern. Insoweit ist es richtig und zu begrüßen, dass BEPS nur über international abgestimmte Maßnahmen begegnet werden kann. Isolierte nationale Maßnahmen müssen dagegen zurücktreten.

Sehen Sie denn Fortschritte?
Eine konkrete Empfehlung der OECD lautet, dass die Staaten den Firmen mehr Transparenz gegenüber den Steuerbehörden vorschreiben sollen. Das kann man nachvollziehen. Die Transparenzinitiative ist auf jeden Fall besser, als zu schnell beziehungsweise nicht abgestimmt mit neuen Gesetzen gegen echten oder vermeintlichen Missbrauch vorzugehen. Der Weg bis zu insoweit sinnvollen Maßnahmen ist allerdings noch sehr weit und wird immer wieder an nationalen steuerlichen Interessen der Staaten scheitern, die sich im Steuerwettbewerb Vorteile erhoffen.

Das Gespräch führte Volker Votsmeier.

Artikel teilen

Gerne dürfen Sie unseren Artikel auf Ihrer Website und/oder auf Social Media zitieren und mit unserem Originaltext verlinken. Der Teaser auf Ihrer Seite darf die Überschrift und einen Absatz des Haupttextes enthalten. Weitere Rahmenbedingungen der Nutzung unserer Inhalte auf Ihrer Website entnehmen Sie bitte unseren Bedingungen für Nachdrucke und Lizenzierung.

Für die Übernahme von Artikeln in Pressespiegel erhalten Sie die erforderlichen Nutzungsrechte über die PMG Presse-Monitor GmbH, Berlin.
www.pressemonitor.de