Porsche-Hauptversammlung

Kritische Fragen an Rechtsvorstand Döss

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  • JUVE

Eine Woche nach Volkswagen hatte gestern die VW-Dachgesellschaft Porsche SE (PSE) zum Aktionärstreffen geladen. Rechtsvorstand Dr. Manfred Döss musste sich kritischen Fragen stellen – seine parallele Funktion als PSE-Vorstand ließ einige Aktionäre über mögliche Interessenkonflikte spekulieren.

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Döss_Manfred
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In den Tagen zwischen beiden Terminen ist viel passiert: Der durch den Diesel-Skandal geplagte Autobauer aus Wolfsburg hat einen Vergleich mit den US-Behörden erzielt. Nicht zuletzt deshalb konnte die Führungsmannschaft die Hauptversammlung in Stuttgart deutlich entspannter angehen. Trotzdem beherrschte die Diesel-Thematik das PSE-Treffen. Denn auch die Porsche-Aktionäre stellen nun die verwebte Firmenstruktur infrage und fordern mehr Transparenz bei der Aufklärung. 

Die Porsche SE hält als größter Einzelaktionär 52,2 Prozent der Stimmrechte an VW, die Porsche AG wiederum ist nur eine VW-Tochter ohne direkte Verbindung zur Holding PSE. Viele Führungskräfte haben Doppelfunktionen in der PSE und bei VW.

So ist Hans Dieter Pötsch gleichzeitig PSE-Vorstand und VW-Aufsichtsrat, Matthias Müller ist PSE-Vorstandsmitglied und VW-Vorstandschef. Und auch VW-Chefjurist Dr. Manfred Döss hat eine doppelte Funktion: Bei der PSE ist der damalige Porsche-Rechtschef nach Bekanntwerden des Dieselskandal in den Vorstand berufen worden. Zudem übernahm er in Wolfsburg die Leitung der Rechtsabteilung, als sein Vorgänger Michael Ganninger das Unternehmen überraschend verließ.

In Wolfsburg holte man zeitgleich die ehemalige Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt als Vorstand für Integrität und Recht, die zuvor bei Daimler nach der weltweiten Schmiergeld-Affäre aufräumt. Beide Juristen gelten als durchsetzungsstark und spielen bei der Aufklärung des Dieselskandals eine wesentliche Rolle.

Auf der Hauptversammlung musste sich PSE-Rechtsvorstand Döss kritischen Nachfragen zu seiner Doppelfunktion gefallen lassen. Gefragt, wem er sich verpflichtet fühle, „den österreichischen Oligarchen, der Porsche SE oder der Volkswagen AG“, erklärte Döss, er nehme seine Tätigkeit im Interesse des jeweiligen Unternehmens wahr, trenne die Aufgabenbereiche und habe sowohl in Stuttgart als auch in Wolfsburg ein Büro. „Anweisungen der Familie hat er nicht erhalten“, stellte PSE-Vorstandschef Pötsch zudem klar.

Keine Schadensersatzklage gegen VW

Döss erklärte zudem auf Nachfragen, dass die Porsche SE wegen des Dieselskandals keine Schadensersatzklage gegen Volkswagen erheben will. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn wegen Marktmanipulation hätten keine neuen Tatsachen oder Erkenntnisse über Pflichtverletzungen ergeben. Vielmehr hebe die Staatsanwaltschaft Braunschweig hervor, dass für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung gelte. „Insofern plant die Porsche SE keine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Dieselthematik an die Volkswagen AG“, sagte Döss.

Dabei hat sogar die Finanzaufsicht BaFin bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig Anzeige gegen den VW-Vorstand erstattet. Die Staatsanwaltschaft bestätigte zuletzt, dass sie gegen Winterkorn und den amtierenden VW-Markenchef Herbert Diess ermittelt.

Stuttgart ruhiger als Wolfsburg

Insgesamt ging es auf der PSE-Hauptversammlung aber friedlicher zu als noch vor einer Woche bei Volkswagen. So gab es vor dem Treffen gerade einmal einen Gegenantrag. Bei VW hatten unter anderem auch institutionelle Investoren Widerstand gegen Beschlüsse geleistet. Begleitet wurde das Aktionärstreffen in Stuttgart sowie dessen Organisation und Abläufe von einem größeren Hengeler Mueller-Team um den federführenden Partner Dr. Carsten Schapmann sowie Dr. Andreas Austmann, Dr. Gerd Sassenrath, Dr. Philipp Hanfland, Dr. Markus Meier und rund 10 Associates. Daneben waren zudem Linklaters-Partner Dr. Ralph Wollburg und der Gleiss Lutz-Partner  Prof. Dr. Michael Arnold tätig, beide vor allem zu Teilfragen, die VW betrafen. Beide Kanzleien waren auch schon bei der VW-Hauptversammlung in der vergangenen Woche eingeschaltet. Gleiss ist zugleich umfassend für den VW-Aufsichtsrat tätig, unter anderem auch bezüglich einer potenziellen Organhaftung von Vorständen.

Ein Platz auf dem Podium blieb leer: Wegen eines „unvorhergesehenen Terminkonflikts“ könne Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch nicht an der Aktionärsversammlung in der Stuttgarter Porsche-Arena teilnehmen, so PSE-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche. Eine Erklärung, die von den Aktionären mit Gelächter quittiert wurde. Dabei soll Piëch laut dpa am Abend zuvor noch an der PSE-Aufsichtsratssitzung teilgenommen haben.

Jones Day-Bericht im vierten Quartal

So erlebte er nicht in erster Reihe die kritischen Nachfragen der Aktionäre, die vor allem die Aufklärung des Dieselskandals bei VW umtreibt. Wie die Wolfburger leidet man auch in Stuttgart unter den Folgen des Abgasskandal. Ein Jahresverlust von beinahe 300 Millionen Euro steht aktuell dem Gewinn von drei Milliarden Euro im vergangenen Jahr gegenüber.

Trotz vehementer Nachfragen kritischer Aktionäre brachte aber auch die PSE-Hauptversammlung keine neuen Erkenntnisse zur Aufarbeitung des Dieselskandals – dafür sind die beiden Unternehmen zu eng verflochten. Pötsch stellte auf der Hauptversammlung zwar Details zur Einigung mit den US-Behörden vor. Der Bericht der als „Independent Investigator“ tätigen US-Kanzlei Jones Day soll aber erst im vierten Quartal 2016 vorliegen. „Volkswagen geht davon aus, dass die Tatsachen, die Gegenstand der Untersuchung sind, umfassend veröffentlicht werden, nachdem ein abschließender Vergleich mit dem US-amerikanischen Justizministerium – einschließlich der strafrechtlichen Abteilung des Justizministeriums – erzielt werden konnte“, so Pötsch. Ein solcher Vergleich gehe üblicherweise mit einem detaillierten Statement of Facts des Justizministeriums einher.

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