Berufsrecht

Verfahren gegen Irle Moser im Fall Reichelt eingestellt

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat das berufsrechtliche Verfahren gegen die Namenspartner der Presserechtskanzlei Irle Moser eingestellt. Deren zweifache Mandatierung in der Causa Julian Reichelt und Springer-Verlag war kritisiert worden und hatte schließlich zu dem Verfahren geführt.

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Die Namenspartner der Sozietät sahen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstoßen: Dr. Ben Irle vertrat seit November 2022 den Ex-Bild-Chef Julian Reichelt in presserechtlichen Fragen zu Vorwürfen des Machtmissbrauchs, als dieser noch Chefredakteur der Springer-Zeitung war. Im Zuge dessen ging Irle etwa gegen eine Ausgabe der ARD-Sendung ‚Reschke Fernsehen‘ vor und prüfte auch den Roman ‚Noch wach?‘ von Benjamin von Stuckrad-Barre.

Ben Irle

Irles Kanzleipartner Christian-Oliver Moser hingegen beriet schon seit 2021 eine ehemalige Dienstleisterin von Axel Springer in Vertragsangelegenheiten, die – wie andere Frauen auch – in dem Gesamtkomplex rund um möglichen Machtmissbrauch Vorwürfe erhob. Dass Reichelt wiederholt Abhängigkeitsverhältnisse ausgenutzt haben soll, war ein Vorwurf in der damaligen Debatte. Dass das übrige Management wenig unternahm, um solche Machtstrukturen und Zwickmühlen für junge Frauen zu verhindern, ein anderer Kritikpunkt. Schlussendlich ließ der Axel Springer Verlag Reichelts Verhalten durch eine interne Ermittlung von Freshfields aufarbeiten.

Christian-Oliver Moser

Angesprochen auf die beiden Mandate teilte Irle Moser damals mit, man habe sich vor der Annahme des Reichelt-Mandats in der Kanzlei gegenseitig informiert. Chinese Walls in der Kanzlei sollten verhindern, dass Einsicht in die Akten und Kommunikation des anderen Mandats genommen werden.

Trotzdem gab es eine mediale Debatte, ob „eine Kanzlei die mutmaßliche Täter- und Opferseite parallel vertreten“ darf.

Rechtsanwaltskammer schaltet sich ein

Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung leitete die Rechtsanwaltskammer (RAK) Berlin dann ein berufsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die beiden Namenspartner der Kanzlei Irle Moser ein und übergab den Vorgang schließlich der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, die für solche berufsrechtlichen Verfahren zuständig ist.

Die RAK sah sich aufgrund der Verschwiegenheitspflicht gemäß Paragraph 76 Bundesrechtsanwaltsordnung gehindert, Auskunft zu dem konkreten Fall zu geben. Doch ließ die Kammerpräsidentin Vera Hofmann in einer Pressemitteilung wissen: „Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin ist nicht dafür bekannt, solche Verfahren zögerlich zu betreiben.“

Umfangreiches Gutachten

Nikolaos Gazeas

Irles Verteidiger Dr. Nikolaos Gazeas von der Kölner Kanzlei Gazeas Nepomuck hatte den Kölner Berufsrechtler Prof. Dr. Martin Henssler hinzugezogen. Sein über 80-seitiges Gutachten kam nach JUVE-Informationen zu dem Ergebnis, dass kein berufsrechtlicher Verstoß der beiden Anwälte oder Sozietät vorlag und dass sie nicht gehindert waren und seien, innerhalb des vereinbarten Mandatsumfangs die Frau und Reichelt gleichzeitig zu vertreten.  

Ausschlaggebend für die Auffassung des Gutachters war unter anderem, dass der Tatbestand einer sogenannten Rechtssache-Identität fehlte. Denn Moser vertrat seine Mandantin nicht gegen Irles Mandant Reichelt oder umgekehrt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hatte das berufsrechtliche Ermittlungsverfahren schließlich nach eigener Überprüfung nach Paragraph 116 Abs. 1 S. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in Verbindung mit Paragraph 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin bestätigte JUVE bereits Ende August, dass kein offenes Ermittlungsverfahren und auch kein berufsrechtliches Verfahren in der Angelegenheit anhängig sei. Aufgrund ihrer Verfahrenseinstellung musste sich auch kein Anwaltsgericht mehr mit diesem Fall befassen.

Manuel Operhalsky

Kanzleipartner Moser setzte auf den Berliner Strafverteidiger Manuel Operhalsky von Danckert Bärlein & Partner, der wie Gazeas auch regelmäßig mit berufsrechtlichen Fragen betraut wird. Beide zählen zu dem Netzwerk von Rechtsanwälten, mit denen Irle Moser regelmäßig zusammenarbeitet.

Eine Überprüfung, ob widerstreitende Interessen vorliegen, verläuft sonst sehr diskret und häufig auch präventiv. Kommt eine Ermittlung ins Rollen, werden nicht selten Strafrechtler dafür mandatiert, weil das berufsrechtliche Verfahren Ähnlichkeit zur strafrechtlichen Prozessordnung hat.

Beide Mandatsverhältnisse aus dem Compliance-Fall Reichelt/Springer bestünden ungekündigt fort, teilte die Berliner Sozietät auf JUVE-Nachfrage mit, Reichelt wird demnach „weiterhin in Bezug auf medial unzulässig erhobene Vorwürfe vermeintlichen Machtmissbrauchs“ durch Irle beraten und vertreten. Es sei das erste berufsrechtliche Verfahren gegen die Kanzlei gewesen.

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