Russische Eiszeit

Wie Kanzleien auf den Krieg in der Ukraine reagieren

Auch internationale Anwaltskanzleien sind vom Krieg in der Ukraine betroffen – selbst wenn sie keine Büros in Russland oder der Ukraine haben. Während in Kiew das Geschäft zusammengebrochen ist und es vor allem darum geht, das Personal in Sicherheit zu bringen, stellen sich auch mit Blick auf Russland und russische Mandanten weitreichende Fragen.

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Foto: Fotolia

Amerikanische Kanzleien wie Baker McKenzie, Sidley Austin und White & Case haben offenbar schnell begonnen, sich von russischen Mandanten zu trennen. Und auch die ersten deutschen Sozietäten haben die Beratung von Mandanten aus sensiblen Branchen wie der Energiewirtschaft bereits eingestellt.

Grundsätzlich ständen alle großen russischen Unternehmen auf den Sanktionslisten der USA, der EU oder der Schweiz, so dass alle Beziehungen sofort eingestellt werden müssten, heißt es.

Freshfields kündigt laufende Mandate

„Aus diesem Grunde wurden laufende Mandate gekündigt oder ausgesetzt und die Annahme neuer Mandate abgelehnt“, teilte Freshfields Bruckhaus Deringer auf JUVE-Anfrage mit, die bislang etwa Nord Stream 2 in Regulierungsfragen beraten hat. Auch Baker McKenzie kündigte an, in „einigen Fällen Mandatsbeziehungen komplett zu beenden“. White & Case teilte zudem mit, man werde nicht nur die Vertretung russischer, sondern auch weißrussischer Mandanten überprüfen.

Für José Campos Nave, bei Rödl als Managing-Partner für Rechtsberatung zuständig, ist klar: „Neue Mandate für russische Unternehmen nehmen wir grundsätzlich nicht mehr an. Und bei laufenden Geschäftsbeziehungen zu russischen Unternehmen überprüfen wir derzeit noch einmal ganz genau, wer hinter welchen Geschäften steht, um sicherzugehen, dass diese nicht mit Sanktionen belegt sind.“

Für Rödl, die Büros in Moskau und St. Petersburg betreibt, seien die USA ein sehr wichtiger Kanzleimarkt, so dass es nicht nur aus moralischen, sondern auch aus geschäftspolitischen Erwägungen nötig sei, Mandate nicht fortzuführen, die in irgendeiner Form gegen US-Sanktionen verstoßen könnten.

Schwieriger Umgang in Öffentlichkeit

Auf JUVE-Anfrage haben auch andere in Russland engagierte Kanzleien inhaltlich praktisch gleichlautend geantwortet, dass man die Lage laufend analysiere, um zu gewährleisten, dass Sanktionsvorgaben konform umgesetzt würden. Zudem werde man allen gesetzlichen und berufsrechtlichen Verpflichtungen nachkommen.

Ein Grund für die gleichförmigen Statements liegt auch darin, dass Kanzleien um die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden in Russland fürchten. Jede öffentliche Positionierung gegen Russland könne gefährlich sein, weil man nicht wisse, wo das noch hinführe, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Für Aufsehen in den sozialen Netzwerken sorgte etwa Norton Rose mit ihrer pauschalen Anweisung an ihre Anwältinnen und Anwälte, sich jeglicher Äußerungen in Zusammenhang mit den Sanktionen zu enthalten. Nach Angaben von The Lawyer vertritt die britische Kanzlei die VTB Bank, den Ölkonzern Rosneft sowie das Energieunternehmen Gazprom.

Der Rubel rollt – abwärts

Ganz praktisch stehen Kanzleien in Russland zudem vor der Frage, wie sie noch ausstehende Honorare verbuchen und ihre laufenden Kosten wie Lohn oder Miete bezahlen können.

Dürfen sie etwa ausstehende Honorare für bereits getane Arbeit von jetzt sanktionsbelegten Unternehmen noch annehmen?

Und auch bei nicht sanktionierten Mandanten gilt, dass durch die Sperrung Russlands im internationalen Zahlungssystem SWIFT sowie aufgrund der Maßnahmen gegen die russische Zentralbank alle internationale Geldtransfers sehr stark eingeschränkt wurden.

So dürfen aus Russland keine Darlehen mehr an ausländische Muttergesellschaften vergeben werden – ein Problem für viele Kanzleien, die ihre Honorareinnahmen bislang auf diese Art weitergereicht haben. Ihnen bleibt derzeit daher häufig nichts anderes übrig als nun Cash-Bestände vor Ort in Rubel aufzubauen. Damit lassen sich die Mieten und Gehälter zwar bezahlen, doch verlieren Rubel – und damit auch die Einnahmen der Kanzleien – derzeit rapide an Wert.

Als weiteres Problem auch für Kanzleien kommt die neu eingeführte Zwangsumtauschpflicht ausländischer Währungen in Rubel hinzu.

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