Windreich-Prozess

Ex-Berater entlastet Angeklagte und gibt Einblick in die Mandatsvergütung

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  • JUVE

Mit seiner Aussage in dieser Woche entlastet Prof. Dr. Stefan Simon die acht Angeklagten im Stuttgarter Windreich-Prozess. Das designierte Vorstandsmitglied der Deutschen Bank gab dabei einen spannenden Einblick in die Mandatsführung aus seiner Zeit als Partner bei Flick Gocke Schaumburg, die während der Beratung von Windreich und deren Gründer Willi Balz den Stundensatz fast verdoppelte – am Ende aber auf einem Millionenbetrag sitzen blieb.

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Stefan Simon
Stefan Simon

Die Befragung hätte für Simon unangenehmer sein können. Es ist bekannt, dass das einst enge Verhältnis zwischen Balz und Simon angekratzt ist. Simon ist eigentlich ein rotes Tuch für den Hauptangeklagten Balz, der sich auch heute noch von seinem ehemaligen Rechtsberater hinters Licht geführt sieht. Doch der heutige Deutsche Bank-Vorstand Simon kann ohne Zwischenrufe von der Anklagebank berichten, wie er zum engen Berater von Balz und der Windreich-Gruppe wurde.

Insolvenzverschleppung und Betrug wirft die Staatsanwaltschaft den insgesamt acht Angeklagten in dem Prozess vor. Die Arbeit mit den Rechtsberatern von Flick Gocke ist den Ermittlern sogar einen eigenen Anklagepunkt wert: Balz soll mit anderen Angeklagten einen gemeinsamen Tatplan entwickelt haben, um gutgläubige Mitarbeiter vorzuschicken, die konkrete Aufträge an Flick Gocke erteilt hätten – um so auch die Berater vorsätzlich zu schädigen.

Vorwürfe, die der Zeuge Simon weitgehend ausräumt. Er habe sich als Partner von Flick Gocke nicht von Balz getäuscht oder falsch informiert gefühlt. Der sei immer „offen und ehrlich“ mit der finanziell angespannten Situation bei Windreich umgegangen – und auch von einer frühzeitigen Zahlungsunfähigkeit der Gruppe will der Berater und spätere Treuhänder von Balz′ persönlichem Vermögen nichts gemerkt haben.

Honorarverdopplung in der Restrukturierung

Simon lernte Balz 2011 über einen anderen Partner seiner Kanzlei kennen und wird zum mandatsführenden Partner für Windreich. Er sollte zunächst helfen, Windreich-Beteiligungen an Windparks „fungibel zu machen, um sie zu veräußern“, wofür er damals einen Stundensatz von 430 Euro für sich selbst und abgespeckte Honorare für weitere Partner und Mitarbeiter veranschlagt.

Allerdings kühlte das Mandat recht schnell wieder ab. Schon zu diesem Zeitpunkt werden die Rechnungen nicht gezahlt, die Flick Gocke stellt. Simon erinnert sich, dass Balz im Sommer 2012 sinngemäß gesagt habe, „dass er unsere Arbeit zwar sehr schätzt, sie sich aber derzeit nicht wirklich leisten kann“. Balz wollte lieber alleine mit seinem Rechtsabteilungsleiter an den Projekten arbeiten.

Doch schon im Mai 2013 kommt der Mandant zurück. Jetzt soll die Beratung Simons Balz selbst und die Windreich-Gruppe betreffen. Weil sich der Schwerpunkt zudem in Richtung Restrukturierung verschiebt, wird eine neue Mandatsvereinbarung aufgesetzt: ein Höchst-Stundenhonorar von 850 Euro für mandatsführende Partner, 750 Euro für weitere Partner und 450 bis 650 Euro für weitere Mitarbeiter. Zudem enthält die neue Regelung ein Erfolgshonorar von einem Prozent aller Erlöszuflüsse  etwa beim Verkauf von Anteilen an Windparks.

Simon nahm in dieser zweiten Phase des Mandats an wichtigen Verhandlungen teil, unter anderem auch mit der Bank Sarasin, der Balz 70 Millionen Euro schuldetet. Erst als der Kredit überraschend fällig gestellt wurde, sei die Insolvenz unausweichlich gewesen, erinnert sich Simon. Von der steigenden Ungeduld der Bank mit Windreich erfuhr er kurz vorher über deren Berater bei Linklaters.

Millionenverlust bleibt

Honorare in der Restrukturierungsberatung seien damals höher gewesen als in der reinen gesellschaftsrechtlichen Beratung, begründet Simon die Verdopplung. „Zudem sollten die Stundensätze das von Balz kommunizierte Risiko einer Mandatsübernahme wirtschaftlich abfedern.“

Natürlich habe man die Hoffnung gehabt, dass sich das Erfolgshonorar auch realisieren ließe. Maximal 4,5 Millionen Euro habe man sich allein aus der Verwertung der Rechte an einem Windpark erhofft. „Erfahrene Berater wissen aber immer um das Risiko, das etwas nicht bezahlt wird“, so Simon. 

Für Simon nahm die Beratung von Windreich ein unrühmliches Ende. Parteiverrat, Betrug, Bestechungen und Untreue wirft Balz ihm vor, weil er seine Vertrauensstellung als Treuhänder zum eigenen Vorteil ausgenutzt haben soll. Vorwürfe, die dem designierten Deutsche Bank-Vorstand fast auf die Füße gefallen wären, als er 2016 zunächst als Aufsichtsrat in die Bank wechselte. Damals setzte Balz alles daran, ein Strafverfahren gegen Simon durchzusetzen, unter anderem mit einem von Grub Brugger eingeleiteten Klageerzwingungsverfahren. Die Strafanzeige gegen Simon verlief in Stuttgart aber im Sande.

Der eigenen Kanzlei blieb Windreich laut den Akten der Staatsanwaltschaft rund 1,4 Millionen Euro plus Zinsen schuldig – die Rechnungen von Flick Gocke wurden nie bezahlt und letztlich als Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet.

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