JUVE: Wieso Bratislava?
Alan Mason: Bratislava bietet uns einen großartigen Personalmarkt. Wie in Manchester ist das Angebot an talentierten Kräften überwältigend. Vor allem die Sprachkenntnisse vor Ort waren mit ausschlaggebend für die Standortwahl. Wir finden hier Leute, die fließend Englisch und Deutsch sprechen, die viel Zeit im Ausland verbracht haben. Bestes Beispiel ist unsere Standortleitung: Stefan Fijko, unser neuer Global Head of Finance Operations, stammt aus Bratislava.
Auf welche Weise trägt Bratislava dazu bei, dass Freshfields eine globale Kanzlei wird?
Wir sind bereits eine globale Kanzlei. Bratislava hilft unseren Anwältinnen und Anwälten, global über Zeitzonen hinweg unter anderem Finanz-, Sprach- und Marketingdienste zu nutzen. Zugegeben: Die eine Stunde Zeitunterschied zwischen Manchester und Bratislava ist nicht entscheidend, aber es ist ja auch nicht gesagt, dass Bratislava der letzte Service-Standort ist, den wir eröffnen.
Also agieren die Service-Standorte integriert?
Ja, Bratislava wird mit Manchester voll integriert zusammenarbeiten …
… dem Ausgangspunkt für die Service- Globalisierung von Freshfields.
Wir haben seit acht Jahren einen Service-Hub in Manchester. Damals sahen wir die Notwendigkeit, einige Dienste an einem Standort zusammenzulegen. Wir merkten schnell, dass dieser Schritt mit Blick auf die globale Funktionsweise unserer Organisation sehr wirksam war. Uns war klar, dass wir einen weiteren Service-Standort gut gebrauchen können. Wir wählten Bratislava auch wegen der Nähe zu Deutschland und Österreich. Beide Märkte sind sehr wichtig für uns. Bratislava wird diese Standorte als Teil unserer integrierten globalen Service-Infrastruktur unterstützen.
Was ist das Ziel?
In Zukunft müssen wir in der Lage sein, unseren Anwältinnen und Anwälten rund um die Welt die bestmögliche Service-Qualität anzubieten. Der Punkt ist: Unsere Dienstleistungen sind anwaltlicher Art. Um sie auf höchstem Level anbieten zu können, brauchen wir aber mit wachsender Tendenz ein deutlich breiteres Skill-Set aus nicht-anwaltlichem Support. Gefragt sind neben Finance, Controlling, Wissensmanagement und Personal auch Innovations- und Projektmanagement.
Für den IT-Support scheinen Sie eine eigene Lösung gefunden zu haben. Gerade ist bekannt geworden, dass Sie Ihre IT-Services auslagern.
Richtig. In Bratislava bauen wir keine IT-Kapazitäten auf. Wir haben ein sehr talentiertes IT-Team, aber IT ist heute sehr komplex und fortlaufend massiven Veränderungen unterworfen. Wir brauchen unser IT-Team auch weiterhin für unser Angebot. Aber IT-Dienste, die über die bestehenden hinaus gehen, werden in Zukunft von Cognizant geleistet, mit denen wir gerade einen großen Servicevertrag abgeschlossen haben.
Kanzleien sind nicht dafür bekannt, ihre Gewinne gerne zu reinvestieren. Wie viel Geld muss Freshfields noch in die Service-Infrastruktur investieren?
Wir sind bereits eine globale Elite-Kanzlei. Ich kann Ihnen sagen, dass wir unsere Finanzen sehr bewusst managen und sehr gerne investieren, wenn es erforderlich ist, um der Konkurrenz immer eine Nasenspitze voraus zu sein. Wir sind stolz auf unsere Organisation und auf unsere Stärke in vielen nationalen Märkten. Wir expandieren weiter in den USA und investieren auch in Europa, Asien und dem Mittleren Osten.
Ist die Kanzlei in zehn Jahren noch eine rechtsanwaltliche Partnerschaft?
Beispiele aus anderen Industrien legen nahe, dass Unternehmen, die ihrer Konkurrenz weit voraus sind, fünf Jahre später um den Anschluss kämpfen mussten. Klar ist, dass der Markt sehr dynamisch ist. Wir beobachten Vorgänge, die in den nächsten fünf Jahren den Wettbewerb verändern können. Die Technik wird sich weiterentwickeln, die Big Four könnten zu Wettbewerbern werden. Was die EY-Aufspaltung für den Rechtsmarkt bedeutet, können wir noch nicht final bewerten. Und dann ist da noch das regulatorische Umfeld, in dem wir Kanzleien uns bewegen. Aber konkret „Nein“ sagen kann ich auch nicht.
Das Interview stammt aus der aktuellen Ausgabe des JUVE Rechtsmarkt 11/2022.