Und vor allem noch etwas gehört dazu: auch mal scheitern zu dürfen. Was viele Start-ups schon von vorne herein im Geschäftsmodell einpreisen, ist für Kanzleien ein Problem. Denn die Grundidee anwaltlicher Arbeit ist ja nicht, Risiken einzugehen, sondern sie auszuschließen.
Und selbst wenn viele Kanzleien ein Budget für Legal Tech oder Innovationen im weiteren Sinn haben, stößt die Innovationskraft doch an verschiedene Grenzen. Vor allem bei internationalen Großkanzleien schauen die Wettbewerber und auch Mandanten in puncto Legal Tech genau hin. Raum, um einfach einmal zu tüfteln – schwierig. Jeder Schritt muss sitzen, wenn alle zuschauen. Und nicht selten ist es ja der Mandant, der, direkt oder indirekt, dafür zahlt. Außerdem hört die Innovationsbereitschaft da auf, wo sie nicht zu 100 Prozent in das Beratungsportfolio der Kanzlei passt.
Der Rahmen für innovatives Arbeiten ist also eng gesteckt: Interne Kanzleiarbeit optimieren oder Tools gewinnbringend an den Mandanten verkaufen – alles was darüber hinausgeht, lässt sich nur schwer rechtfertigen. Legal-Tech-Arbeit schlägt sich (zumindest bislang) nur selten direkt im Umsatz der Kanzlei nieder, und damit auch nicht im Gewinn, den die Partner bei der jährlichen Ausschüttung mit nach Hause nehmen können. Das klassische Partnerschaftsmodell vieler Kanzleien ist in diesem Kontext eher ein strukturelles Problem denn ein Innovationstreiber. Große Einheiten wie PricewaterhouseCoopers sind hier womöglich im Vorteil, denn sie sind von der Struktur her mehr Untenrehmen als Kanzlei. Die ersten Einhörner sind aber weder unter den Kanzleien noch den Beratungsgesellschaften in Sicht.