Wenn London es nicht schafft, sich bis Ende März auf eine Vereinbarung oder zumindest ein Austrittabkommen zu einigen, das die Grundlage für Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehung mit der EU bildet, wird es zu einem allmählichen, aber deutlichen Rückgang des Londoner Rechtsmarktes kommen.
Zurzeit ist ein provisorisches Austrittsabkommen das optimistischste Szenario. Doch selbst das steckt voller potenzieller Probleme.
Wenn man mit Londoner Anwälten spricht, wird schnell deutlich: Nur wenige von ihnen können sich ein Europa vorstellen, in dem ihre Stadt keine zentrale Rolle spielt – weil sie das noch nie erlebt haben. Europäische Anwälte, auch die britischen, machen gerne Witze über US-amerikanische Litigators, die keinen Reisepass besitzen. Allerdings haben die meisten englischen Anwälte selbst keine verhandlungssicheren Fremdsprachenkenntnisse. Was das bedeutet, wird in den kommenden Jahren brutal sichtbar werden.
Die Verschiebung des Machtverhältnisses in Europa stellt das Management von britischen Kanzleien vor eine große Herausforderung, für die es keine Blaupause gibt. Machtkämpfe drohen zwischen London und den Büros auf dem Kontinent. Das an sich ist zwar nichts Neues – aber dieses Mal ist es nicht damit getan, dass die Zentrale in der City ihren europäischen Partnern Weisungen erteilt. Dieses Mal muss sie selbst sich bewegen, sich neu erfinden, Eingeständnisse machen. Doch es liegt in der Natur der Sache, dass die Zentrale eines Unternehmens nur wenig Eifer dafür aufbringt, ihre eigene Macht zu beschneiden.
Die Gefahr ist groß, dass die Machtkämpfe innerhalb der Kanzleien das Handeln überlagern, das sie langfristig gesund und am Leben erhalten würde. Ihr englisches Management muss klüger agieren als die Londoner Politiker.
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