Kommentar

Pragmatisch bis der Arzt kommt

Der neue Justizminister Marco Buschmann legt sich in vielem nicht fest – das kann klug sein. Oder gefährlich.

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Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen. Der pampige Satz Helmut Schmidts wird oft als Plädoyer für Pragmatismus und gegen Idealismus gelesen. In Wahrheit aber brauchen gute Politiker beides, das wusste auch Schmidt. Visionen im Sinne einer langfristigen Zukunftsvorstellung sind für sie als Handlungsleitbilder unerlässlich.

Allerdings kann eine Fixierung auf hehre Ziele auch verhindern, dass sich überhaupt etwas bewegt – denn Ziele lassen sich nur erreichen, wenn man diejenigen überzeugt, auf deren Mitwirken es bei der Umsetzung ankommt. Bundesjustizminister Marco Buschmann scheint diese schwierige Gratwanderung sehr bewusst zu sein.

Im Interview klingt er oft vage. Fremdkapital für Kanzleien? Ja,
aber bitte nur, wenn sie genauso unabhängig bleiben, wie sie sind.
Erfolgshonorare? Ja, aber nur wenn Mandanten weiter auch wirtschaftliches Risiko tragen – dabei sollen Erfolgshonorare ihnen dieses Risiko doch gerade abnehmen.

Aber man sollte sich nicht täuschen: Was Buschmann hier wolkig umreißt, stets die Anwaltschaft als Mitgestalter preisend, kann eben doch eine Umwälzung einleiten, wie sie der deutsche Rechtsmarkt kaum je erlebt hat. Vielleicht sind die Betonung von Dialog und die Furcht vor „steilen Thesen“ rhetorische Mittel, um niemanden zu verschrecken.

Allzuviel Pragmatismus kann aber auch Orientierungslosigkeit
bedeuten. Wenn das System nur im Konsens mit der gesamten Anwaltschaft reformiert wird, passiert am Ende gar nichts. Denn für einen Konsens ist die Anwaltschaft, sind die vielen neuen Player im Rechtsmarkt zu unterschiedlich. Letztlich wird es bei allem Pragmatismus doch nicht ohne eine Vision des Justizministers gehen.

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