Kommentar

Warum Wettbewerbsökonomie ein Wachstumsmarkt bleibt

Manche Blüte gehört gekappt, aber insgesamt bleibt die Wettbewerbsökonomie ein Wachstumsfeld, meint Marc Chmielewski.

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Nach 20 Jahren Boom in der wettbewerbsökonomischen Beratung herrscht Ernüchterung: Verfahren dauern ewig, Gutachten kosten ein Vermögen, kein Richter versteht sie, und ein anerkanntes „wissenschaftliches“ Ergebnis bekommt man auch mit den ausgefeiltesten Methoden ohnehin nicht. Kann man sich das nicht auch alles sparen? Nein. Ökonomen haben ihren Platz im Kartellschadensersatz, bei Fusionskontrollen und bei Fällen von Marktmachtmissbrauch. Sie können keine im mathematischen Sinn „richtigen“ Resultate liefern (Anwältinnen und Anwälte übrigens auch nicht) – aber sie können helfen, sich der Wirklichkeit anzunähern. Das Wachstum in diesem Markt wird sich fortsetzen, auch wenn manche Blüten gekappt werden sollten.

Die berüchtigten Gutachterschlachten etwa ließen sich effizienter gestalten mit dem sogenannten ‚Hot Tubbing‘ nach angloamerikanischem Vorbild: Das Gericht setzt Gutachter beider Seiten zusammen, jeder bekommt die Daten des anderen. Über diese gemeinsame Grundlage lässt sich eine Annäherung erreichen. Es wird weniger aneinander vorbeigeschrieben, und das Gericht kann Argumente besser nachvollziehen. Der Gesetzgeber könnte in Kartellfällen die Standard-Schadensvermutung von 0 auf 5 Prozent erhöhen. Damit würde sich die Beweislast in Richtung Beklagte verschieben, und die Kosten für ökonomische Gutachten würden nicht mehr so viele Kartellopfer davon abhalten, einen Schaden überhaupt einzuklagen.

Es gibt viele solcher Vorschläge. Die Arbeit von Ökonomen wird sich dadurch verändern. Verringern wird sie sich nicht – schon weil das Schlüsselthema Marktmacht in Digitalmärkten noch in den Kinderschuhen steckt.

Der Kommentar stammt aus der aktuellen Ausgabe 06/2023 des JUVE Rechtsmarkt.

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