Gleichberechtigung

Initiative ‚Women go Panel‘ trägt erste Früchte

Genau ein Jahr ist es her, dass sich im September 2022 die Initiative ,Women go Panel‘ gründete. Eine erste Zwischenbilanz zeigt, dass sich Diversität zum Wettbewerbsvorteil entwickelt.

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Sie haben die Initiative ins Leben gerufen: Sophie Martinetz (links), Luciano Duque-Cordero und Eva-Maria Tos beim Launch von ‚Women go Panel‘ im September 2022. Foto: Marlene Rahmann

Hauptinitiator und Koordinator ist Luciano Duque-Cordero, Legal Counsel bei der UniCredit Bank Austria in Wien. Er empfindet das familienunfreundliche Umfeld in der Kanzleiwelt schon lange als einen Missstand: „Insbesondere für Frauen ist eine Karriere oder ein Partnertrack in größeren Kanzleien in den meisten Fällen unmöglich, sobald ein Kind kommt. Denn oft gilt: entweder Vollgas oder gar nicht.“

Nachdem der jetzige Inhouse-Jurist auch Kanzleierfahrung hat, ist ihm die mächtige Rolle der Mandanten durchaus bewusst: „Wenn Unternehmen von ihren Kanzleien erwarten, dass sie diverser aufgestellt sind, kommen sie da nicht mehr dran vorbei.“ Dass sich das nicht von heute auf morgen ändern lässt, ist ihm dabei allerdings klar: „Es wäre illusorisch, zu glauben, man könne morgen eine 50:50-Parität erreichen, aber in fünf Jahren können wir schon wesentlich weiter sein als heute.“

Als er begann, sich zusammen mit zwei Kolleginnen der UniCredit BA mit dem Thema intensiver zu beschäftigen, merkte er: Das interessiert auch andere. So kamen schnell weitere Unternehmen hinzu. Inzwischen zählt die Initiative knapp ein Dutzend Mitglieder. Bereits dabei sind:

▸ BASF

▸ Erste Group

▸ Kapsch

▸ Kwizda

▸ Magenta

▸ Mayr-Melnhof Karton

▸ Mjam

▸ Schoellerbank

▸ UniCredit Bank Austria

▸ Vereinigung Österreichischer Unternehmensjurist:innen

▸ Wiener Linien

Ein wesentlicher Bestandteil ist ein Fragebogen, mit dem die teilnehmenden Unternehmen abfragen, wie sich die Kanzlei im Ganzen sowie in den mandatierten Rechtsbereichen zusammensetzt. Konkret geht es um den Anteil der weiblichen Juristen auf allen Ebenen. Vom Konzipienten bis hin zur Equity-Partnerschaft. „Wie erwartet handelt es sich um eine sehr männliche Industrie, obwohl zu Beginn der Karrieren und bei den Absolventen die Frauen noch überwiegen. Das spiegelt sich in allen größeren Kanzleien in Österreich so wider“, fasst Duque-Cordero die Ergebnisse zusammen.

„In diesem ersten Schritt ging es darum, sich zu informieren, wie die Kanzleien nach Hierarchieebenen gegliedert sind. Damit sehen die Kanzleien aber zugleich auch, dass ihre Mandanten das Thema ernst nehmen.“

Die Rückmeldungen auf die versendeten Fragebögen waren unterschiedlich. Sophie Martinetz, Gründerin von ‚Women in Law‘ und Mitinitiatorin der ‚Women go Panel‘-Initiative teilt die Kanzleien in drei Gruppen ein: Erstens jene, bei denen die Initiative auf großen Anklang stößt, die aber zugeben hier selbst noch viel zu tun zu haben. Zweitens jene, die alles schönreden, obwohl sie insbesondere auf Partnerebene oft gar keine Frauen haben und auf weibliche Supportkräfte verweisen, und drittens die Kanzleien, die sich des Themas schon länger angenommen haben und bereits Erfolge erzielt haben. Duque-Cordero resümiert ähnlich: „Etwa 50 Prozent sagen, ,Ja, das ist super, unterstützen wir‘, aber das ist schwer an konkreten Maßnahmen festzumachen. Ein Viertel will das auch und zwar konkret und bei einem weiteren Viertel merkt man, es ist ihnen komplett egal.“

Kanzleien unter Druck

Martinetz ist davon überzeugt, dass der Fachkräftemangel in der Anwaltei dafür sorgen wird, dass die Kanzleien sich strukturell anpassen. „Die derzeitige Situation bedeutet für die Anwaltsbranche einen Brain Drain, der sich natürlich auch auf Mandanten auswirkt“, meint Duque-Cordero. In gewisser Weise wird es also der Markt regeln und Kanzleien, die sich des Themas annehmen und Diversität umsetzen, werden einen echten Wettbewerbsvorteil haben.

Laut Eva-Maria Tos, die als Vorstandsvorsitzende der Vereinigung Österreichischer Unternehmensjurist:innen (VUJ) ebenfalls Mitinitiatorin der Initiative ist, gab es auf Seiten der Unternehmensjuristen und -juristinnen jedoch auch Bedenken: Was, wenn keine Konsequenzen folgen, wenn eine Kanzlei die Genderkriterien nicht erfüllt? Dem setzten die Initiatoren entgegen, dass es bereits ein Erfolg ist, Bewusstsein für die Wichtigkeit der Gleichberechtigung auch auf der Führungsebene und Visibilität
von Frauen in der Kanzleiwelt zu schaffen. „Es ist aber auch schon vorgekommen, dass sich ein Unternehmen für eine andere, qualitativ gleichwertige Kanzlei entschieden hat, weil die bisher mandatierte Kanzlei die Genderkriterien nicht erfüllt“, berichtet Tos.

Unternehmen haben Nachholbedarf

Nicht nur in den Kanzleien muss sich etwas ändern, auch in Unternehmen besteht Handlungsbedarf, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht. Das ist laut Tos auch der Grund, warum manche Unternehmensjuristinnen und -juristen von ihrer Geschäftsführung keine Zustimmung erhielten, sich der Initiative anzuschließen. Denn wie kann man von anderen verlangen, was man selbst nicht erfüllt? „Doch selbst bei diesen Unternehmen erfüllt die Initiative einen Zweck, nämlich als Denkanstoß, die Unternehmensstrukturen bis in die höchsten Ebenen zu durchleuchten und zu überdenken“, sagt die VUJ-Vorstandsvorsitzende.

Bestandteil der Initiative ist auch der Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedern. Dabei geht es zum einen um den Umgang mit Kanzleien, aber auch wie man gegebenenfalls die Geschäftsführung von der Notwendigkeit und dem Nutzen von Genderkriterien überzeugt.

Die Juristin sieht das Thema auch weit über Rechtsabteilungen und Kanzleien hinaus als entscheidend: „Potenziale scheiden sich nicht an Geschlechtern, sondern hängen vom Individuum ab. Die Gesellschaft und Individuen profitieren somit, wenn alle entsprechend ihren Potenzialen einen Beitrag zum Wohle der Gesellschaft leisten können.“ Die Initiative sei somit ein erster Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung.

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