Bereits in der Vergangenheit brachte die Geschäftstätigkeit ausländischer Unternehmen in China erhebliches Konfliktpotenzial mit sich, sei es durch Qualitätsmängel oder Missverständnisse aufgrund kultureller Unterschiede und unterschiedlicher Rechtssysteme. Nicht alle Unternehmen konsultierten vor Vertragsschluss Kanzleien, die mit den lokalen Gepflogenheiten und unterschiedlichen Rechtsvorschriften vertraut waren.
In den vergangenen Jahren haben sich die Probleme aufgrund der politischen Rahmenbedingungen verschärft. Ausländische Unternehmen haben daher begonnen, ihre Lieferketten umzugestalten und diese zusätzlich in anderen südostasiatischen Ländern wie Vietnam, Thailand oder Malaysia aufzubauen. Diese auch als „China plus one“ bekannte Strategie ist aber auch nicht ohne Tücken. Denn die Erfahrungen aus China lassen sich nicht einfach auf andere Länder übertragen.
Angesichts der komplexen Herausforderungen ist es entscheidend, dass Unternehmen die rechtlichen Rahmenbedingungen sorgfältig prüfen und nicht nur ihre Lieferketten anpassen. Dies führt uns zur Streitbeilegung.
SCHWIERIGKEITEN MIT LOKALEN GERICHTSVERFAHREN
Es gibt bei Geschäftstätigkeiten in Südostasien reichlich Konfliktpotenzial, daher ist es wichtig, das Thema der Streitbeilegung schon vorab zu regeln.
Ohne Streitbeilegungsklausel könnte man vor staatlichen Gerichten in Myanmar oder Vietnam landen, was es zu vermeiden gilt: Die Weltbank führt statistische Register über die Qualität der Rechtsprechung und der „Rule of Law“ in allen Ländern der Welt. Mit Ausnahme von Singapur, das Deutschland vergleichbar im 90–100 Perzentil liegt, liegen die anderen südostasiatischen Staaten weit darunter. Aber auch die Vereinbarung eines deutschen Gerichtsstands hilft wenig. Nicht nur kann das Verfahren aufgrund der Zustellungsprobleme Jahre dauern, auch ist die für Vollstreckung notwendige Gegenseitigkeit oft nicht verbürgt. Die südostasiatischen Staaten haben bisher weder das Haager Übereinkommen von 2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile, noch – Ausnahme ist Singapur – das bereits länger bestehende Übereinkommen von 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen ratifiziert, welches auch die Vollstreckung von Urteilen regelt. Auf deutsche oder lokale Gerichte zu setzen kann daher wie das Hornberger Schießen ausgehen.
SCHIEDSVERFAHREN UND MEDIATION
Die Schwierigkeiten mit lokalen Gerichtsverfahren unter- streichen die Bedeutung alternativer Streitbeilegungsmethoden. Schiedsverfahren bieten hier oft eine praktikable Lösung. Aber auch die Mediation ist in Asien kulturell tief verwurzelt. Nicht ohne Grund ist das maßgebliche völkerrechtliche Abkommen über die Vollstreckung von Mediationsergebnissen in Singapur verhandelt worden und als „Singapore Convention“ bekannt. Bei einer Schiedsklausel wiederum hat man die Wahl zwischen verschiedenen Schiedsinstitutionen und Sitzen für das Schiedsgericht. Neben dem Singapore International Arbitration Center (SIAC) gibt es noch Schiedsinstitutionen in Malaysien, Vietnam oder Thailand.
Nicht jedes Schiedszentrum ist jedoch für internationale Streitigkeiten geeignet. Während die Wahl des SIAC selten falsch ist, sollte man die anderen Institutionen und ihre Regeln und Erfahrungen sorgfältig prüfen, da es gelegentlich kleine, aber wichtige Unterschiede geben kann: Zum Beispiel, wenn der Vorsitzender nur von einer Liste von Schiedsrichtern stammen kann, und dort hauptsächlich Einheimische aufgeführt sind. Dann kann man schnell ein Schiedsgericht haben, bei dem zwei von drei Schiedsrichtern die Nationalität des Gegners haben.
Weiteres wichtiges Thema sind die lokalen Gerichte, die Schiedssprüche vollstrecken müssen. Dabei muss es nicht zu offener Parteilichkeit kommen. Es kann aber die Durchsetzung eines Schiedsspruchs enorm erschweren, wenn Gerichte eine beglaubigte Kopie der Akte verlangen, die Akte jedoch – wie bei vielen Schiedsinstitutionen üblich – nur noch elektronisch geführt wird. Eben- falls kann es problematisch werden, wenn man nur eine elektronisch signierte Fassung des Schiedsspruchs hat, die Gerichte im Vollstreckungsstaat aber eine physische Unterschrift – die sog. wet signature – fordern.
PRÄVENTION IST BESSER ALS REAKTION.
Diese Überlegungen zeigen, dass die Wahl des richtigen Streitbeilegungsmechanismus entscheidend ist. Eine Schiedsklausel zu vereinbaren ist gut, reicht aber nicht. Eine misslungene Schiedsklausel kann – im besten Fall – zu unnötigen Problemen führen, im schlimmsten Fall das Verfahren oder die Durchsetzung des Schiedsspruchs unmöglich machen. Bei der proaktiven Prüfung ist neben fachlicher natürlich auch lokale Expertise nötig.