Am Landgericht Bonn hat der Prozess gegen zwei ehemalige Aktienhändler der HypoVereinsbank (HVB) begonnen. Martin S. und Nicholas D. sollen über Jahre hinweg geholfen haben, sogenannte Cum-Ex-Geschäfte abzuwickeln. Die Aktiendeals gingen letztlich zulasten des Staates, weil die Gewinne aus einer mehrfachen Steuererstattung kamen. Bei der Anklageverlesung wird klar: Hier kommen zwar die ersten Beteiligten der Cum-Ex-Geschäfte vor Gericht, doch die wahren Drahtzieher sind andere.
In dem Strafprozess wird erstmals in Deutschland die Frage gestellt, wer die Geschäfte einfädelte, bei denen Aktien rund um den Dividendenstichtag mit und ohne Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben wurden.
Die beiden angeklagten Banker sollen – zunächst unter dem Dach der HVB, später dann als Mitarbeiter der Ballance-Gruppe – geholfen haben, das komplizierte Netz aus Depotbanken, Finanzierer und Investoren zu spinnen, das die Cum-Ex-Deals erst möglich machte.
Von Mitte 2006 an bis ins Frühjahr 2011 sollen die Angeklagten in 34 Fällen die Finanzbehörden getäuscht und mit mehrfachen Steuerrückzahlungen Gewinne erzielt haben.
Beteiligte Banken am Pranger
Zum Prozess in Bonn wurden auch fünf Banken hinzugezogen. Im Zweifel sollen sie für den Schaden geradestehen, der mit den Cum-Ex-Geschäften angerichtet wurde. Dabei handelt es sich um die Holdinggesellschaft der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, deren Tochter Warburg Invest, Fondsgesellschaften der französischen Großbank Société Générale, das US-Institut BNY Mellon sowie die Hansainvest Hanseatische Investment-Gesellschaft.
Nach Meinung der Staatsanwaltschaft hat sich ein Netz von Bankern und Investoren untereinander abgesprochen, um Aktien mit und ohne Dividendenanspruch zu handeln. Durch geschicktes Hin- und Herschieben der Aktien konnten die Finanzämter kaum erkennen, ob für die gehandelten Aktien bereits Kapitalertragsteuer abgeführt worden war oder nicht – gegebenenfalls erstatteten sie die Dividendensteuer dann mehrmals. Ob das Aktiengeschäft an sich Gewinne abwarf, war also unerheblich – die Investoren bekamen ihr Geld vom Fiskus.
Die Suche nach den Drahtziehern
Martin S. und Nicholas D. sind nicht nur Angeklagte – sie sind auch Kronzeugen. Deshalb ist der erste Cum-Ex-Prozess so bedeutend: Er soll für die Staatsanwaltschaft der Wegbereiter für viele weitere Verfahren sein.
So tauchen in der Anklage immer wieder Namen „gesondert Verfolgter“ auf, die bei den Cum-Ex-Deals Schlüsselfunktionen gehabt haben sollen. Der von Dr. Hanno Berger zum Beispiel. Der ehemalige Anwalt von Dewey & LeBoeuf war später in der eigenen Kanzlei Berger & Steck tätig und soll in den geschilderten Deals fast immer eine wesentliche Rolle gespielt haben. Berger bestreitet die Vorwürfe vehement.
Das Bonner Landgericht hat für den Prozess mehr als 30 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird frühestens Anfang 2020 erwartet.
Alle Beteiligten und weitere Details zum Prozessauftakt lesen Sie online im JUVE Steuermarkt.
Wir haben diese Nachricht am 5. September 2019 geändert.