Fall für EuGH

HRE-Übernahme beschäftigt Gleiss und Freshfields weiter

Autor/en
  • JUVE

Kleine Hoffnung für Aktionäre: Die Frage, ob der Bund bei der Übernahme der Hypo Real Estate (HRE) gegen Europarecht verstoßen hat, wird nun der Europäische Gerichtshof klären. Das Landgericht München lässt von den Europarichtern klären, ob die Verkürzung der Einberufungsfrist für die Hauptversammlung europarechtswidrig war.

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Sechs ehemalige Aktionäre hatten gegen den Beschluss einer Kapitalerhöhung geklagt, der auf der Hauptversammlung vom 2. Juni 2009 getroffen wurde. Die Aktionäre waren vom Bezug der Aktien ausgeschlossen und die Einberufungsfrist war auf nur noch mindestens einen Tag verkürzt worde.

Neue Aktien durfte damals nur der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin), also der Bund, erwerben. Durch die Übernahme wollte die Bundesregierung ihre milliardenschweren Finanzhilfen für die HRE absichern. Dazu hatte sie im Rettungsübernahmegesetz, das auf den Fall der HRE zugeschnitten worden war, entsprechende Verschärfungen im Kapitalmarktrecht vorgenommen.So wurde unter anderem die Frist für die Ladung zur Hauptversammlung gekürzt, die Schwelle zur Bewilligung von Kapitalerhöhungen gesenkt sowie die Mindestschwelle für einen Squeeze-Out von 95 auf 90 Prozent heruntergestuft.

Zwar hielt der Bund damals schon eine Aktienmehrheit, für eine Verstaatlichung war aber die Erhöhung des Anteils auf 90 Prozent notwendig. Mit der Kapitalerhöhung erreichte die Bundesregierung dieses Ziel und konnte die verbliebenen Aktionäre aus der HRE drängen. Die Wirksamkeit dieses Squeeze-out-Beschlusses ist Gegenstand eines weiteren Verfahrens, das ebenfalls am Landgericht München anhängig ist.

In dem nun verkündeten Beschluss des Landgerichts München stellte die 5. Handelskammer klar, dass es durch den Hauptversammlungsbeschluss nicht zu einer Verletzung von Grundrechten gekommen ist. Es liege weder eine Enteignung noch eine unverhätnismäßige Beschränkung des Eigentumsrechts der Aktionäre vor. Das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz sei auch kein nach dem Grundgesetz unzulässiges Einzelfallgesetz. Im ersten Punkt der Klage hatten die Aktionäre also keinen Erfolg.

Allerdings wenden sich die Aktionäre auch gegen die Verkürzung des Einberufungsfrist der Hauptversammlung. Diese Frage hat das Gericht nun dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Das Problem: Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass die Einberufungsfrist zur Hauptversammlung mindestens 21 Tage betragen soll. Diese Richtlinie war vom deutschen Gesetzgeber zum 3. August 2009 umzusetzen. Das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz, das eine Frist von mindestens einem Tag vorsah, war bis zum 2. August 2009 – also auch zum Zeitpunkt der HRE-Hauptversammlung – in Kraft. Der EuGH hat jedoch schon mehrfach entschieden, dass die Mitgliedstaaten Richtlinien auch dann bereits beachten müssen, wenn die Frist zu deren Umsetzung noch nicht ausgelaufen ist. Die Frage nach dieser Vorwirkung der EU-Richtlinie lässt das Landgericht München nun vom EuGH prüfen.

Neben den Anfechtungsklagen sind am Landgericht München auch über 50 Schadensersatzklagen von Aktionären anhängig, die insgesamt rund eine Milliarde Euro Schadensersatz fordern. Die Klagen sollen zu einem Musterprozess gebündelt werden.(Ulrike Barth)

Vertreter HRE-Aktionäre
Daniela Bergdolt
(München) – aus dem Markt bekannt

Vertreter Hypo Real Estate (HRE)
Gleiss Lutz
(Stuttgart): Dr. Gerhard Wirth, Dr. Michael Arnold (beide Corporate), Prof. Dr. Michael Uechtritz (Öffentliches Recht), Associate: Martin Grabolle (Corporate)

Berater SoFFin/Bund:
Freshfields Bruckhaus Deringer
(Frankfurt): Dr. Benedikt Wolfers (Öffentliches Recht, Berlin), Dr. Gunnar Schuster (Kapitalmarktrecht), Dr. Christian Decher (Zivil- und Gesellschaftsrecht); Associates: Dr. Patrick Schroeder, (Zivil- und Gesellschaftsrecht), Thomas Voland (Öffentliches Recht, Berlin)

Landgericht München, 5. Handelskammer
Vorsitzender Richter: Dr. Helmut Krenek

Hintergrund: Gleiss Lutz begleitet die HRE bereits seit dem Einstieg des Staates Anfang 2009 (mehr…) regelmäßig und hat die Bank auch bei der Hauptversammlung beraten. Auch Freshfields stand dem Bund in Sachen HRE von Anfang an zur Verfügung und hat den Staat auch hinsichtlich des hier angegriffenen Finanzmarktstabilisierungsgesetzes umfangreich beraten (mehr…)








Zur Zeichnung der neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung
wurde ausschließlich der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin)
zugelassen.

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