Das Oberlandesgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 5. September 2025 eine vor allem für den Kölner Gerichtsstandort wegweisende Entscheidung zum fliegenden Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht getroffen. Das Gericht stärkt mit dem Urteil (Az. 6 W 53/25) den sogenannten fliegenden Gerichtsstand, indem es die gesetzliche Einschränkung des Gerichtsstands eng auslegt. Diese Entwicklung steht im Kontrast zu den bereits 2020 vom Bundesrat angenommenen gesetzlichen Beschränkungen, die für UWG-Verstöße im Internet den fliegenden Gerichtsstand weitgehend aufgehoben haben.
Das OLG Köln widersprach in seinem Urteil der Auffassung des Landgerichts Köln, wonach bei Online-Werbung generell kein fliegender Gerichtsstand mehr möglich sei. Stattdessen stellte das OLG nun klar, dass die Ausnahmevorschrift nicht pauschal für jede Online-Werbung gilt. Der Senat schloss sich dabei der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt am Main und Hamburg an. Mittlerweile wird an vielen für UWG-Fälle relevanten deutschen Gerichten der fliegende Gerichtsstand in ähnlich gelagerten Fällen angewendet. Eine Ausnahme ist der 20. Zivilsenats des OLG Düsseldorf. Er bekräftigte etwa 2021 die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands im UWG bei Delikten im Internet und stellt sich damit gegen das LG Düsseldorf (Az. I-20 W 11/21).
Enge Auslegung der gesetzlichen Beschränkungen
Laut Urteil soll die Beschränkung nur auf spezifische Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr anwendbar sein. Für andere Fälle – wie die im konkreten Fall behandelte irreführende gesundheitsbezogene Werbeaussage – gilt die Einschränkung nicht. Das Gericht betonte, dass die gesetzliche Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands vor allem massive Abmahnungen bei leicht erfassbaren Verstößen verhindern soll.
Im vorliegenden Fall sah das OLG kein solches Missbrauchsrisiko, da es um eine individuelle Irreführung durch eine werbliche Aussage ging, die eine Einzelfallprüfung erfordert. Das Urteil hebt hervor, dass der Sinn und Zweck der Beschränkung nicht darin bestehen, den Gerichtsstand generell bei Online-Verstößen zu beschränken, sondern nur dort, wo besondere Missbrauchsgefahr besteht. Die Entscheidung stärkt damit die Wahlfreiheit der Anspruchsteller bei der gerichtlichen Geltendmachung von UWG-Verstößen – insbesondere bei komplexeren, nicht massenhaft verfolgbaren Rechtsverletzungen im Internet.
Beschränkungen sollen Abmahnflut verhindern
Bereits im Jahr 2020 hatte der Bundesrat das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs verabschiedet, das den fliegenden Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht für Internet-Verstöße einschränkt. Die Bundesregierung wollte mit dem Gesetz gegen die sogenannte Abmahnindustrie vorgehen – also gegen Unternehmen, Verbände und Anwälte, die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht aus finanziellen Gründen abmahnen.
Ein ursprünglicher Gesetzesentwurf der Bundesregierung hatte sogar vorgesehen, den fliegenden Gerichtsstand quasi vollständig abzuschaffen. Die überarbeitete Version, die der Bundestag im Jahr 2020 verabschiedete, beschränkt sich dann jedoch auf Internet-Verstöße.