Teilnehmer am ‚Affiliate-Programm‘ von Amazon können auf ihren Seiten Links zu Produkten im Angebot des Onlinehändlers setzen. Sie erhalten eine Provision, wenn sie einen Link zu dem Versandhändler setzen und damit erfolgreich einen Kauf vermitteln.
Bett1.de stört sich daran, dass sich solche Links auch in gefälschten Testberichten und unseriösen Produkttipps finden. Man könne nicht die Umsätze mitnehmen und sich nicht darum scheren, ob der Kunde über betrügerische Seiten komme, hatte Firmengründer Adam Szpyt nach der Verhandlung im November gesagt. Zusätzlich zu Bett1.de hatten in Parallelverfahren mehrere weitere Unternehmen geklagt.
Amazon „weder Täter noch Teilnehmer“
Laut Gesetz haftet ein Unternehmen für unlautere geschäftliche Handlungen, wenn sie „von einem Mitarbeiter oder Beauftragten“ begangen werden. Dazu zählen die Betreiber von Partnerseiten aber nicht, stellte der BGH fest. Deren inhaltliche Eigenverantwortung stehe außer Frage, sie seien nicht dem Geschäftsbereich von Amazon zuzuordnen. Amazon sei dort weder Täter noch Teilnehmer, es gebe keine „Beherrschung des Risikobereichs“ und damit auch keine Haftung seitens der beklagten Amazon-Gesellschaften, wenn es zu irreführender oder wettbewerbswidriger Werbung komme. Die fehlende Zuordnung zum Geschäftsbereich wird von der Klägerinnenseite bestritten.
Als Betroffene gegen Seitenbetreiber vorzugehen, ist laut Szpyt so gut wie unmöglich – bei den „Fake-Testseiten“ werde einfach regelmäßig die Adresse im Impressum geändert, so der Kläger gegenüber dpa. Seine Vertreter wollen sich zum weiteren Vorgehen erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung äußern. Diese soll in rund einem Monat veröffentlicht werden.
Vertreter Bett1.de
Toussaint & Schmitt (Karlsruhe): Prof. Dr. Ralph Schmitt (BGH-Vertretung)
JBB Rechtsanwälte (Berlin): Dr. Jeannette Viniol, Dr. Martin Jaschinski (beide Wettbewerbsrecht)
Vertreter Amazon
Inhouse Recht: Katharina Flesch (Senior Corporate Counsel Amazon Deutschland)
Rohnke Winter (Karlsruhe): Dr. Thomas Winter (BGH-Vertretung)
Unverzagt (Hamburg): Dr. Mina Kianfar, Dr. Ulrich Börger (beide Wettbewerbsrecht)
Bundesgerichtshof, 1. Zivilsenat
Prof. Dr. Thomas Koch (Vorsitzender Richter)
Hintergrund: BGH-Anwalt Schmitt von Toussaint & Schmitt wurde auf Empfehlung der Berliner Kanzlei JBB mandatiert. JBB vertritt die Klägerin Bett1.de langjährig. Zusammen mit Namenspartner Jaschinski war die zu Jahresbeginn neu in die Partnerschaft eingetretene Viniol tätig. Mit ihr zählt die Einheit jetzt neun Partner und 14 Associates.
Amazon hat die Karlsruher Kanzlei Rohnke und Winter bereits vielfach für die BGH-Vertretung mandatiert. In den Vorinstanzen war die Hamburger Kanzlei Unverzagt tätig. Partner Börger vertritt den Konzern seit rund zwei Jahrzehnten. Zusammen mit Partnerin Kianfar war er auch in allen Parallelverfahren im Mandat, bei denen das BGH-Urteil jetzt für Klarheit sorgt. Börger war langjährig im Hamburger Büro von Latham & Watkins tätig, bevor er 2014 zu Harte-Bavendamm und 2018 schließlich zu Unverzagt wechselte.
Der Versandriese arbeitet mit verschiedenen weiteren Kanzleien zusammen. Neben der marken- und wettbewerbsrechtlichen Praxis von Hogan Lovells gab es in der Vergangenheit wettbewerbsrechtliche Mandate für Dentons und Reed Smith. Im Kartellrecht trat regelmäßig Hengeler Mueller auf, auf europäischer Ebene ist die Zusammenarbeit mit Covington & Burling sowie mit dem Brüsseler Büro von Clifford Chance marktbekannt. (mit Material von dpa)