Mit allen Verlängerungsoptionen könnte der Vertrag insgesamt 15 Jahre laufen. Außerdem ist die Bundesrepublik Deutschland berechtigt, optionale Leistungen abzurufen, die sie allerdings nicht weiter konkretisiert. Je nach deren Abruf ist ein Nettoauftragsvolumen von bis zu 120 Millionen Euro möglich, verkündet Kapsch TrafficCom in einer Ad-hoc-Meldung. Daran wird eine alte Konfliktlage zwischen Kapitalmarkt- und Vergaberecht offenbar: Kapitalmarktrechtliche Meldepflichten können mit der Geheimhaltungspflicht des Vergaberechts kollidieren.
Zu dem Auftrag der stationären Kontrolle gehört, die an den Autobahnen vorhandenen Toll Collect-Brücken mit der nötigen Telekommunikations- und Datenübertragungstechnik zu versehen. Einmal in Betrieb laufen die Daten beim Bundesamt für den Güterverkehr in Köln zusammen. Ein Abgleich mit den Meldedaten des Kraftfahrt-Bundesamts in Flensburg soll mögliche Verstöße gegen die Maut aufdecken.
Dass die österreichische Kapsch TrafficCom den 120-Millionen Euro-Auftrag erhält, ist keine sonderliche Überraschung. Die Österreicher bieten weltweit Systeme an, die der Mauterhebung, dem Verkehrsmanagement oder der Verkehrssicherheit dienen. Das Unternehmen beschäftigt über 5.000 Menschen.
Vier Ausschreibungen vor Abschluss
Die Pkw-Maut soll noch in dieser Legislaturperiode eingeführt werden – also bis 2021. Das Ministerium hatte zuletzt angekündigt, dass bis Jahresende feststehen soll, wer die Maut in Zukunft erhebt und kontrolliert. Bereits vor der letzten Bundestagswahl waren vier Ausschreibungen gestartet: eine für die technische Begutachtung des Vorhabens, eine für die nun bekannt gewordene stationäre Kontrolle, eine für die mobile Kontrolle und eine für die Erhebung der Maut. Den Auftrag zur technischen Begutachtung erhielt gerade das Aachener Unternehmen P3, das dazu mit Schwerhoff Consultants als Unterauftragnehmer zusammenarbeitet. Die Vergaben der Aufträge zur mobilen Kontrolle sowie zur Erhebung befinden sich in der finalen Phase.
Die Maut soll auf Bundesstraßen und Autobahnen anfallen. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Inländische Autofahrer sollen künftig im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Österreich hatte insbesondere wegen der steuerlichen Entlastung Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, weil ausländische Fahrer dadurch diskriminiert würden. Nach Abzug der Kosten soll die Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Investitionen einbringen.
Berater Kapsch TrafficCom
Raue (Berlin): Dr. Wolfram Hertel (Öffentliches Wirtschaftsrecht; Federführung), Dr. Bettina Tugendreich (Vergaberecht), Dr. Markus Plesser (Geistiges Eigentum); Associates: Dr. Hans Heller (Öffentliches Wirtschaftsrecht), Dr. Daniel Schubert (Öffentliches Recht), Yvonne Müller (Vergaberecht), Dr. Jan Sorge (Geistiges Eigentum)
Inhouse Recht (Wien): Dr. Paul Pospisil
Vertreter Bundesministerium für Verkehr und Digitales
Greenberg Traurig (Berlin): Dr. Dieter Neumann (Öffentliches Wirtschaftsrecht), Dr. Franz-Josef Hölzl (Vergaberecht), Dr. Viola Bensinger (TMT/Datenschutz), Dr. Stefan Lütje (TMT), Martin Dressel (Projektverträge); Associates: Thomas Hinrichsen, Nicolas Wettstädt (beide Infrastruktur/Vergaberecht), Natalie Hsiao (Gesellschaftsrecht), Dr. Laura Zentner (TMT)
KPMG Law (Berlin): Dr. Moritz Püstow (Federführung; Öffentliches Wirtschaftsrecht/Vergaberecht), Dr. Mario Ohle (Vergaberecht), Burkhard Frisch (Public Sector/Corporate), Julia Gielen, Marlene Lindemann, Alexander Pustal (alle Öffentliches Wirtschaftsrecht/Vergaberecht)
Hintergrund: Alle Berater sind aus dem Markt bekannt.
Raue berät Kapsch seit etwa 2010 im Vergaberecht. Seinerzeit war die Beziehung mit der Betreuung kleinerer Vergabeverfahren gestartet, die bereits regelmäßig mit der Erfassung von Daten zu tun hatten – dem Spezialgebiet des Unternehmens, das unter anderem auf hochauflösende Optiken setzt. Raue-Partner Hertel bildet die Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und den Raue-Beratungsgruppen, zu denen hier insbesondere das Vergaberecht gehört.
Greenberg Traurig begleitet alle Vergabeverfahren zur Pkw-Maut für den Bund. Soweit bekannt ist Partner Neumann bereits seit Anfang 2016 in dem Mandat tätig. Dabei arbeitet das Berliner Team eng mit einem Team von KPMG Law zusammen, dass vom Leiter der Public Sector-Gruppe Püstow angeführt, in der Hauptsache aber von Partner Frisch koordiniert wird. (Martin Ströder)