Worum geht’s?
In den nachfolgenden Rankings und den dazugehörigen Bewertungen werden Kanzleien vorgestellt, die einen Fokus auf hochkarätige Rechtsberatung und Prozessvertretung im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, insbesondere im Umwelt- und Planungsrecht, bestimmten Regulierten Industrien sowie im Vergaberecht haben.
Der Teilbereich Umwelt und Planung umfasst die Beratung sowie Vertretung vor Gerichten und Behörden bei Genehmigungsverfahren nach dem UVP-Gesetz und nach sonstigen Anlagenvorschriften wie Abfallwirtschaftsgesetz, Wasserrechtsgesetz oder Naturschutzrecht. Unter Planung fällt die Beratung im Bau- und Raumordnungsrecht. Berücksichtigt wird ebenso die Schnittstellenberatung in Regulierten Industrien wie dem Energie-, Gesundheits- oder Telekommunikationssektor. Ebenfalls eine Rolle spielen andere öffentlich-rechtliche Kompetenzen wie EU- Recht oder Allgemeines Verfassungsrecht sowie die Beratung in Spezialfeldern wie dem Glücksspielrecht und dem Sanktionsrecht, wenn sie essenziell für die Charakterisierung der jeweiligen Praxen sind. Keine Berücksichtigung in diesem Ranking findet die Finanzmarktregulierung. Diese Beratungsleistungen werden ausschließlich im Ranking gewürdigt.
Im Teilbereich Vergaberecht stehen die Betreuung von Auftraggebern bei Vergabeverfahren beziehungsweise von Bietern/Auftragnehmern bei Ausschreibungen sowie die Vertretung in Vergabenachprüfungsverfahren im Mittelpunkt. Hinzu kommen die Beratung im Spezialbereich Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) sowie die Untersuchungen wegen Bieterabsprachen, zum Teil inklusive Beratung bei Schadenersatzforderungen.
Konfrontiert mit der hässlichen Fratze des Krieges schiebt die Politik in den vergangenen Monaten einen Umschwung auf dem Energiemarkt an, den in diesem Tempo und Ausmaß niemand erwarten konnte. Wie im Zeitraffer verändert sich dadurch das Umfeld, vor allem im Umwelt- und Planungsrecht sowie im Regulierungsrecht. Für die Berater im Öffentlichen Recht könnte das einen Boom auslösen.
Sanktionsrechtliche Fragen stellen sich seit den tiefgreifenden Maßnahmen der Europäischen Union (EU) und anderer Länder in einem vormals ungeahnten Ausmaß. Allein Freshfields Bruckhaus Deringer zählte eine mittlere zweistellige Zahl an Anfragen in Wien, wo die Kanzlei EU-weit ihr Know-how auf dem Gebiet bündelt. Auch in Sanktionsangelegenheiten erfahrenen Streitkanzleien wie Lansky Ganzger Goeth Frankl & Partner stehen neue Causen ins Haus. Bereits zuvor hatten Investitionskontrollfragen deutlich angezogen, bei denen die Öffentlich-Rechtler von Binder Grösswang sich gut etablierten, etwa mit einem der ersten Phase-II-Verfahren in Österreich.
Zudem startete der Überfall Russlands auf die Ukraine den Turbo für die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Aufgrund des Klimawandels hatte der Umbau der Wirtschaft ja bereits etwas an Fahrt aufgenommen. Ein Rahmenwerk dazu bildet das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG), zu dem das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) Mitte April auch die Verordnung über Investitionszuschüsse im Umfang von rund 300 Millionen Euro vorlegte.
Im Zuge der anstehenden Genehmigungen für große Wind- und Photovoltaikanlagen ergeben sich zwangsläufig eine Vielzahl von umwelt- und planungsrechtlichen sowie regulierungsrechtlichen Causen. Im Bundesland Salzburg steht etwa die Genehmigung eines ersten Windparks an, im Burgenland berät Onz & Partner ein PV-Projekt auf einer Fläche von 113 Hektar. Da sich unter den Projektwerbern regelmäßig Sektorenauftraggeber befinden, werden solche Projekte auch vergaberechtliche Beratung nach sich ziehen. Neben den Versorgern selbst richten auch Industrie- und Dienstleistungsunternehmen den Blick stärker auf die Energiegewinnung: als Großverbraucher oder als Eigentümer geeigneter Großflächen. Diesen Trend belegt, dass allein die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) 2021 über 10.000 Megawattstunden Solarstrom produzierten – mehr als das Dreifache des Vorjahres.
Allerdings stellen sich bei diesen Projekten nicht nur juristische Hürden: Die Technik und die Bauausführung sind ebenfalls herausfordernd, weil es unabhängig von der Größe des Vorhabens häufig an Mensch und Material mangelt: Pelletkessel seien teilweise bis Ende des Jahres vergriffen, hieß es auf der verbraucherorientierten Messe ‚Hausbau und Energiesparen‘ in Tulln im April. Anfragen für Wärmepumpen müssten teilweise abgewiesen werden, weil die Branche händeringend nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sucht. Bei Photovoltaikmonteuren herrsche zusätzlich Unsicherheit wegen Lieferschwierigkeiten: „Was derzeit bei uns fehlt, sind die Mikroinverter, die hängen in Schanghai im Hafen fest“, erklärte ein Photovoltaikhändler. Wenig Wunder, dass Vergaberechtler einhellig berichten, Auftraggeber und ausschreibende Stellen hätten immer wieder Probleme, Bieter für ihre Vorhaben zu interessieren. Sie würden sogar potentielle Anbieter gezielt ansprechen, um voranzukommen.
Im Vergaberecht hat sich auch der Beratermarkt am meisten verändert. Die schlimmsten Auswüchse des Preiskampfs mit Stundensätzen deutlich unter 200 Euro scheinen zwar passé, vielleicht weil die zahlreichen coronabedingten Vergaben im Gesundheitssektor eine Sonderkonjunktur auslösten. Und Schramm Öhler, die personell erheblich gewachsen ist, sowie Wolf Theiss sind weiterhin die Schwergewichte am Markt. Die beiden Vergaberechtsboutiquen Heid und Partner und Schiefer hatten dagegen Partner- und Anwaltswechsel zu verzeichnen und tun sich offenbar etwas schwerer, seitdem sie als getrennte Kanzleien unterwegs sind: Schiefer holte seit Herbst 2021 unter anderem einen Partner von Fellner Wratzfeld & Partner an Bord, nachdem zwei der Gründungspartner eigene Wege gegangen waren. Heid und Partner tritt stärker in einer losen Kooperation mit den renommierten Umweltrechtsspezialisten von Niederhuber & Partner und der Innsbrucker Kanzlei Greiter Pegger Kofler & Partner auf. Die Beratung in den Bundesländern gilt bei den Spezialkanzleien für Vergaberecht unvermindert als aussichtsreiches Feld. Dass dem so ist, zeigt der Erfolg von Dr. Philipp Götzl in Salzburg. Mit der EY-nahen Kanzlei Pelzmann Gall Größ etablierte sich nach Buchberger Ettmayer auch eine weitere Einheit im Vergaberecht, die mit Wirtschafts- und Steuerberatern kooperiert.
Im Bereich Umwelt/Planung/Regulierung präsentiert sich die Riege der Berater auf den ersten Blick sehr stabil. Verschoben haben sich vor allem die Themenschwerpunkte: Neben dem klassischen Umwelt- und Planungsrecht gewannen Regulierungsfragen, insbesondere das Energierecht, sowie Sanktionsrecht und Investitionskontrolle erheblich an Bedeutung. Das verschiebt die Gewichte im Markt, aber auch innerhalb der Kanzleien. Das zeigt sich auch daran, dass der Generationswechsel in diesem Rechtsgebiet drängend ist. Bei Schönherr etwa ist es bislang nicht gelungen, neben dem äußerst erfahrenen und anerkannten Umweltrechtspartner Dr. Christian Schmelz jüngere Anwälte in diesem Beratungsfeld am Markt zu etablieren – ganz anders als im Energierecht. Auch Onz & Partner steht ein solcher Umbau mittelfristig ins Haus, sie bringt allerdings jüngere Partner erfolgreich nach vorn und ernannte im Frühjahr einen weiteren.
Haslinger Nagele hat im Wirtschaftsverwaltungsrecht mit ihren Anknüpfungspunkten zum Straf- und Kartellrecht unverändert eine sehr starke Stellung. Dennoch ist der Wechsel einer jungen, bereits anerkannten Partnerin an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) für die Kanzlei schmerzhaft. Denn wie kaum eine andere setzt die Einheit darauf, ihre eigenen Talente zu Partnerinnen und Partnern zu entwickeln. Auffällig ist auch, dass Niederhuber & Partner im Herbst 2021 eine Reihe von Wechseln auf Anwärterebene verzeichnete. Viel stärker als zuvor beschäftigt sie inzwischen neben den Partnern auch Anwälte. Daneben zeichnet sich auch im Umwelt-, Planungs- und Regulierungsrecht ab, dass Einheiten außerhalb Wiens das Feld stärker beackern. In Graz etwa ernannte Neger Ulm zum Mai einen Partner, der auf Öffentliches Recht spezialisiert ist.
Zu den aktuellen JUVE-Rankings Öffentliches Recht