Nach der internen Untersuchung

Deutsche Bahn verordnet sich Gleiss als Monitor

Es war ein Unfall mit furchtbaren Folgen: Im Juni 2022 entgleiste in Burgrain eine Regionalbahn, fünf Menschen starben, viele wurden verletzt. Die technische Ursache ist geklärt, aber die juristisch- organisatorische Aufarbeitung läuft noch.

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Ab dem kommenden Jahr wird Gleiss Lutz dann für drei Jahre als freiwilliger Monitor bei der Bahn agieren – eine Premiere in Deutschland.

Soweit bekannt, stehen die Details für das anstehende Monitorship noch nicht fest. Klar dürfte aber sein, dass Gleiss es führen wird, so wie die bisherige interne Untersuchung auch. Dazu gehören unabhängige Berichtslinien in die Organe der DB AG, der Infrastrukturtochter DBInfraGo und zur Staatsanwaltschaft München II, die gegen Jahresende 2023 drei Bahn-Mitarbeiter angeklagt hat. Es ist anzunehmen, dass die Bahn und Gleiss die Ermittler in die Ausgestaltung des Monitorships einbeziehen werden.

Bei Gleiss, die hierzulande zu den Top-Adressen in der Compliance-Beratung zählt, zeichnen die beiden Frankfurter Compliance-Partner Dr. Eike Bicker und Dr. Marcus Reischl als Monitore verantwortlich. Intern werden die Untersuchung und das anstehende Monitorship von Holger Kosche ebenfalls von Frankfurt aus geleitet. Kosche ist seit vielen Jahren Syndikus beim Bahn-Konzern und aktuell zuständig für konzernerhebliche Ermittlungen.  

Neben Gleiss arbeitet die Bahn den Unfall auch mit weiteren Beratern auf: Strafrechtlich ist Ulrike Thole-Groll aus der Münchner Boutique Pfordte Bosbach tätig, der Aufsichtsrat setzt Marktinformationen zufolge auf den Prozessspezialisten Dr. Florian Wettner von Metis. Zudem wurden noch Forensiker von FTI Consulting einbezogen.

Ungewöhnliches Beratungsmodell

Mit der Installation eines freiwilligen Compliance-Monitors dürfte die Bahn deutlich machen wollen, dass sie den Ursachen des Unglücks und etwaigen strukturellen Mängeln nicht nur auf den Grund gehen, sondern diese auch konsequent abstellen will. Um ein umfassendes Sicherheits- und Risikomanagement zu etablieren, erweist es sich häufig als erfolgversprechender, dass der nötige Wandel nicht rein intrinsisch angetrieben wird, sondern – wie in diesem Fall – externe Berater und Ermittlungsbehörden ein Auge darauf haben.

Dem deutschen Recht ist ein solches Monitorship fremd. Allerdings haben im Lauf der vergangenen Jahre eine Reihe deutscher Konzerne ihre Erfahrungen mit der überaus kostspieligen US-Variante dieses Modells gemacht. Zu den prominentesten Vertretern gehören Daimler, Siemens und die Deutsche Bank.

Staatskonzern mit Vorbildfunktion?

Die Bundespolitik dürfte das freiwillige Monitorship ebenfalls mit Interesse verfolgen. Soweit bekannt, befasst sich das Bundesjustizministerium schon seit längerem wieder mit dem Thema Unternehmenssanktionierung.

In der vorangegangenen Legislaturperiode war ein sogenanntes Unternehmensstrafrecht, das bereits im Entwurf vorlag, nicht mehr verabschiedet worden. Allerdings besteht unter Juristen weitgehend Einigkeit darüber, dass die aktuelle gesetzliche Regelung hierzulande den Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Insbesondere fehlt es an Regularien für interne Untersuchungen und an Strafzumessungsregeln.

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