Hauptsache agil

Rechtsabteilungen entdecken neue Methoden

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  • JUVE

Agiles Arbeiten – das Konzept bewegt viele Branchen und viele Unternehmensabteilungen, aber einen hat das lange nicht interessiert: den Unternehmensjuristen. Das ändert sich nun. Die ersten Rechtsabteilungen haben agile Methoden eingeführt. Viele machen gute Erfahrungen, aber zur Wahrheit gehört auch: Die Umstellung ist hart.

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Astrid Kohlmeier
Astrid Kohlmeier

Inzwischen erobert der Trend auch immer mehr Rechtsabteilungen, auch wenn Juristen sich bei neuen Arbeitsmethoden wie Design Thinking und agilem Arbeiten nicht gerade als Pioniere hervortun. Astrid Kohlmeier ist Juristin und Designerin, sie will beide Welten verbinden. Welten, deren Bewohner ziemlich unterschiedlich ticken. Der Anwalt: Er sieht ein Problem und löst es. Der Designer findet das Problem interessant, so Kohlmeier, und sucht dann die Wurzel des Problems. Das kann zum Beispiel bedeuten: Ein Legal Designer schlägt sich nicht nur mit dem unzufriedenen Vertragspartner herum, um den aktuellen Konflikt zu befrieden – sondern er überlegt, wie sich Verträge zukünftig besser gestalten lassen, um derartige Konflikte künftig zu vermeiden. Unter Umständen werden Kollegen aus operativen Abteilungen in den Prozess eingebunden.

Dierk Schindler
Dierk Schindler

Dierk Schindler, Justiziar bei NetApp, und sein Team haben sich seit einiger Zeit agil aufgestellt. Die täglichen Teamtreffen sind schon seit über zwei Jahren Bestandteil seiner Arbeit. Die Kollegen nutzen die Möglichkeit, schnell einzugreifen und zu helfen. So war es auch, als ein Mitarbeiter nicht mehr weiterwusste und ein anderer darauf hinwies, dass sich eine andere Abteilungbereits mit einem ähnlichen Problem befasst hatte. Vergleichbar sei agiles Arbeiten mit einem Supermarkt: Vorlieben und Verträglichkeit unterscheiden sich von Mensch zu Mensch, und so trifft beim Lebensmittelkauf jeder seine eigene Auswahl. „Das ist beim agilen Arbeiten nicht anders“, sagt Schindler. „Nicht alles, was wir benutzen könnten, ist für unsere Abteilung sinnvoll.“

Ralf Reuther
Ralf Reuther

Auch in der Rechtsabteilung des Verlags Droemer Knaur hat agiles Arbeiten Einzug gehalten. Mithilfe bunter Klebezettel will Justiziar Ralf Reuther mit einem kleinen Team einen Vertrag umgestalten. Das Ergebnis: In der neuen Version hat der Vertrag 13 statt 30 Seiten. „Viel weniger arbeite ich effektiv nicht“, sagt Reuther. „Aber ich wäre bestimmt länger im Büro, wenn ich klassisch arbeiten würde.“

Sascha Theißen ist überzeugt: Jede Rechtsabteilung kann agil werden. Theißen war General Counsel der Holtzbrinck Publishing Group – zu der auch Droemer Knaur gehört – und berät jetzt zu Themen der digitalen Transformation wie Legal Tech. „Die Mentalität ist das Wichtigste – egal ob in IT, Rechtsabteilung oder Produktion. Jeder muss zumindest bereit sein, seine Arbeitsweise Schritt für Schritt zu ändern. Und noch viel wichtiger: seine Denkweise“, sagt Theißen. Neue Ansätze müssen also nicht nur gedacht, sondern auch gelebt werden. Dieser Wandel müsse zwar bei jedem Mitarbeiter ankommen, aber ohne das Management führe es zu nichts. „Idealerweise fördert der Chef die Einführung agiler Arbeitsweisen und lebt diese selbst vor“, betont Theißen. „Gerne selbst unperfekt, experimentierend, lernend. Aber ohne ausdrückliche Erlaubnis ‚von oben‘ drohen alle agilen Gehversuche, gegen die Wand zu fahren.“

Sascha Theißen
Sascha Theißen

Auch wenn Theißen viele Vorteile des agilen Arbeitens sieht, verschließt er nicht die Augen vor den Nachteilen. Er betont, dass es sehr wichtig ist, dabei zu bleiben. „Die Einführung erfordert Zeit und Aufmerksamkeit, was zunächst zu Lasten der inhaltlichen Arbeit geht.“ Das könne nicht nur demotivierend sein, sondern auch zunächst den Eindruck erwecken, dass zu viel Zeit verloren geht. Durch diese Phase könnten nur zwei zentrale Elemente der Methode tragen: Standhaftigkeit und Vertrauen.

 

 

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