Sowohl Hogan Lovells als auch Shearman sollen JUVE-Quellen zufolge mehrere Fusionsszenarien erwägen. Die Gespräche zwischen beiden Kanlzeien befinden sich aktuell also noch im Sondierungsstadium. Offizielle JUVE-Anfragen beantworteten weder Hogan Lovells noch Shearman.
Eine Fusion könnte für beide Kanzleien aus unterschiedlichen Gründen eine attraktive Option sein. Hogan Lovells ist seit ihrer Fusion aus den Vorgängerkanzleien Hogan & Hartson und Lovells im Jahr 2010 zu einer der Kanzleien mit dem größten internationalen Netzwerk geworden. Weltweit hat die Kanzlei etwa 2.600 Anwältinnen und Anwälte in 47 Büros, davon 15 in den USA und 17 in Europa.
New York gegen internationales Netzwerk
Bei Shearman & Sterling sind weltweit etwa 850 Anwältinnen und Anwälte tätig, die Kanzlei hat weltweit 22 eigene Büros, davon 8 in den USA und 5 in Europa. Hinzu kommen Kooperationsbüros in Mailand und Rom. Beide Kanzleien sind zudem mit mehreren Büros in Südostasien vertreten, insbesondere in China. Shearman gehörte bis vor zehn Jahren zu den Top-Kanzleien auch in Europa, hat sich aber in Teilen zurückgezogen. So schloss sie 2013 ihre Büros in Düsseldorf und München. Auch in den USA verlor die Kanzlei zuletzt Marktanteile. JUVE-Informationen zufolge sucht Shearman nach einem globalen Netzwerk, das ihr Hogan Lovells bieten könnte.
Insbesondere mit ihrem starken New Yorker Büro könnte Shearman attraktiv für Wettbewerber sein, die im US-Markt stärker Fuß fassen wollen. Auch bei Magic-Circle-Kanzleien sind mögliche US-Mergers immer wieder ein Thema, um US-Top-Kanzleien wie Kirkland & Ellis, Latham & Watkins oder Skadden Arps Slate Meagher & Flom in deren Heimatmarkt auf Augenhöhe zu begegnen. So hatten etwa Allen & Overy und O’Melveny & Myers über eine Fusion verhandelt, die Pläne 2019 aber beerdigt. Mit viel Geld hat vor allem Frehsfields Bruckhaus Deringer ihre Präsenz im US-Markt zuletzt deutlich gestärkt.
Projekt mit Risiken
Hogan Lovells sucht nach mehr Relevanz auch im Heimatmarkt USA. Es ist kein Geheimnis, dass das New Yorker Büro der global tätigen Kanzlei hinter den Erwartungen der Kanzleiführung zurückbleibt. Um in die globale Elite zu kommen, braucht Hogan Lovells vor allem ein stärkeres Büro in New York sowie mehr Präsenz im Silicon Valley. Auch China zu stärken, ist ein wichtiges Ziel.
Diesen Zielen könnte Hogan Lovells gemeinsam mit Shearman näherkommen, aber es wäre durchaus ein großes Wagnis, wie ein gut informierter deutscher Partner gegenüber JUVE betont. Schließlich funktioniere das derzeitige Hogan Lovells-Netzwerk stabil. Für New York die gesamte Kanzlei einem „exogenen Schock“ auszusetzen, hält er für sehr riskant – und diese Einschätzung teilten auch viele Partner.