Diese Frage vor allem entzweit die Branche: Brauchen Insolvenzverwalter eine eigene Kammer oder nicht? Bis spätestens Juli 2021 ist nach EU-Vorgaben das Berufsrecht der Insolvenzverwalter zu reformieren. Bereits im Koalitionsvertrag von März 2018 hatten sich Union und SPD darauf verständigt, die Rahmenbedingungen für die Berufszulassung und -ausübung von Insolvenzverwaltern neu zu regeln.
Doch bislang ist es noch nicht einmal den beteiligten Verbänden gelungen, sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zu verständigen. Heftig umstritten ist insbesondere, wer über die Berufszulassung entscheiden soll. Während der Verband Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) für eine zentrale Stelle plädiert, wollen die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) die Zuständigkeit über die Berufszulassung den regionalen Anwaltskammern übertragen.
Fast alle Verwalter sind Anwälte
„Deutlich mehr als 90 Prozent der Insolvenzverwalter sind Rechtsanwälte“, sagt Rolf Pohlmann, Insolvenzrechtler und Vizepräsident der Münchner Anwaltskammer. Es sei daher naheliegend und zweckmäßig, bei Zulassung und Aufsicht auf die jeweils örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer zurückzugreifen, da die meisten Insolvenzverwalter dort ohnehin schon Mitglied sind.
Der VID betont hingegen die Eigenständigkeit des Insolvenzverwalterberufs und hält es für systemwidrig, diese Fragen den Rechtsanwaltskammern und damit einer anderen Profession mit abweichenden Berufsregeln zu übertragen. „Wichtig ist für uns zudem eine bundeseinheitliche Praxis, dies wäre bei der jeweils regionalen Zuständigkeit von über 25 Kammern nicht gewährleistet“, sagt Dr. Daniel Bergner, Anwalt und Geschäftsführer des VID. Er fordert, dass das BMJV zeitnah einen Referentenentwurf zum Berufsrecht vorlegt.
Regulierung könnte Marktzugang einschränken
Das Ministerium geht zwar davon aus, dass die Reform des Berufsrechts bis spätestens Juli 2021 gelingt, teilt vorsorglich aber auch mit: „Es stehen gegenwärtig solche Vorhaben im Zentrum, die der Krisenbewältigung dienen“, so ein Sprecher. Einem möglichen Scheitern leistet Berlin damit schon einmal Vorschub. Doch aus Sicht der Verwalter steht viel auf dem Spiel. Je nachdem, wie die Frage der Kammerzugehörigkeit gelöst wird, stehen berufliche Existenzen auf dem Spiel. Die Mitgliedschaft könnte den Marktzugang für Verwalter regulieren und einschränken.
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