JUVE: Wie haben sich die Ausgaben der Rechtsabteilungen für Legal Tech in den letzten Jahren verändert?
Catherine Moynihan: Die Legal-Tech-Investitionen haben wir erstmals im ACC Law Department Management Benchmarking Survey 2021 erfragt. Ich denke, man kann davon ausgehen, dass mit dem Aufkommen von Legal Operations, alternativen Rechtsdienstleistern und einer Vielzahl anderer Anbieter und verschiedener Arten von Plattformen die Ausgaben für Legal Tech in den letzten Jahren gestiegen sind.
In welcher Größenordnung liegen diese Investitionen aktuell?
In unserer Umfrage haben wir festgestellt, dass im Median nur 2 Prozent des Budgets der Rechtsabteilung für Legal Tech verwendet werden. Zieht man aber die 28 Prozent der Rechtsabteilungen ab, die gar keine Ausgaben für Legal Tech benennen, liegt der Median bei 5 Prozent, das ist schon etwas näher an dem, was wir erwartet hätten. So oder so bleibt aber noch viel Spielraum für Wachstum.
Wo sehen Sie weiteres Potenzial für den Legal-Tech-Einsatz?
Vor allem in der Automatisierung von Arbeitsabläufen, von der Annahme und Sichtung bis hin zur Vertragsgestaltung, -prüfung und -abwicklung, um die Mitarbeiter von administrativem Aufwand zu entlasten und schnellere juristische Beratung zu ermöglichen. Die Verringerung von repetitiven Aufgaben und Verwaltungsarbeit wird nicht nur die Gesamteffizienz der Abteilung verbessern, sondern auch dazu beitragen, dass die Anwälte mehr wertvolle Zeit und Wissen dort einsetzen können, wo es um größere Risiken und finanzielle Investitionen geht. Das bestätigen auch die Daten aus der aktuellen ACC-Umfrage: Fast ein Viertel der Rechtsabteilungen investiert vor allem in Vertragsmanagement-Tools, 42 Prozent zählen sie zu den drei größten Tech-Ausgabenposten.
Welche Rolle spielt dabei der Digitalisierungsschub durch Corona?
Es ist gut möglich, dass wir uns langfristig auf eine Remote-Arbeitsumgebung einstellen müssen. Darum wird die Technologie eine noch größere und zentralere Rolle bei der Gewährleistung einer reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Einzelpersonen, Abteilungen und ganzen Organisationen spielen. Der digitale Wandel wird sich beschleunigen.
Wann, glauben Sie, wird der Punkt erreicht sein, an dem die meisten Mandanten keine Stundensätze mehr zahlen?
Die ACC setzt sich seit mehr als zehn Jahren für eine Abschaffung von Stundenhonoraren ein. Trotzdem denke ich, dass wir davon noch weit entfernt sind. Wie die meisten etablierten Branchen durchläuft auch die Rechtsberatung nur sehr langsam alle Phasen, die für die Umsetzung einer solchen grundlegenden Veränderung erforderlich sind. Die größten und fortschrittlichsten Rechtsabteilungen machen echte Fortschritte bei der Abkehr von Stundensätzen, schaffen sie aber trotzdem nicht komplett ab. Ich denke also – und die ACC-Umfragedaten belegen es –, dass wir auch weiterhin immer mehr alternative Honorarmodelle sehen werden. Allerdings basieren viele dieser Alternativen nach wie vor auf Stundensätzen, wie etwa Caps oder Blended Rates. Darum sehe ich leider noch keinen Zeitpunkt am Horizont, an dem Stundensätze der Vergangenheit angehören werden.
Das Gespräch führte Johanna Heidrich.