Interview mit Bayer-Kartellrechtschef

„Unsere wichtigste Aufgabe war im Kern gar nicht juristisch“

Bayer kauft Monsanto: Bei der größten Transaktion, die ein deutsches Unternehmen je im Ausland gewagt hat, kam dem Bayer-Chefkartellrechtler Paul Fort eine Schlüsselrolle zu. Im Gespräch mit JUVE erklärt Fort, warum das Projekt seines Lebens nicht nur juristisch eine Herausforderung für die Rechtsabteilung war.

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Paul Fort
Paul Fort

JUVE: Selten haben die Kartellbehörden weltweit einen Deal so gründlich geprüft wie die Übernahme von Monsanto durch Bayer. Gab es einen Moment, in dem Sie dachten, dass Sie es vielleicht nicht schaffen?
Dr. Paul Fort: Dass es nicht leicht sein würde, wurde bald spürbar. Es trafen ja zwei gegenläufige Interessen aufeinander: Die ­Behörden wollten sich – wortwörtlich – ­jedes Detail der Transaktion ansehen, während man aus Unternehmenssicht früh über Lösungen möglicher Probleme sprechen wollte.

Also Zugeständnisse wie den Verkauf von Unternehmensteilen …
Wir hatten eigentlich auf mehr, zumindest aber frühere Hinweise gehofft, wo genau die Bedenken lagen. Aber wir haben uns intern sehr gut organisiert. Zwei große ­Arbeitsblöcke waren zentral: Ein Team bereitete gewaltige Datenmengen auf, vor allem aus der Forschung. Ein weiteres Team bereitete die von uns erwarteten, aber ­später dann auch die unerwarteten Unternehmensverkäufe vor; insbesondere kristallisierte sich im Sommer 2017 heraus, dass wir im Saatgutgeschäft mehr würden abgeben müssen als zunächst gedacht. Zu diesem ersten großen Block haben wir ein Bieterverfahren organisiert. Wir haben rund 70 mögliche Interessenten angeschrieben, bevor am Ende BASF als Käufer feststand. 

Wie entscheidet sich, welche Zusagen die Behörden akzeptieren?
Da hat sich gegenüber früheren Zusammenschlüssen einiges verändert. Inzwischen achten die Behörden noch stärker darauf, dass abgespaltene Unternehmensteile lebensfähig sind. Das bedeutete in ­unserem Fall: Sie legten großen Wert auf Fragen der Forschung und der Innovationsfähigkeit als Elemente des künftigen Wettbewerbs. Das machte es für uns verständlicherweise schwierig, denn kein Konzern der Welt gibt gerne ganze Forschungsprojekte ab. Als wir im Spätherbst 2017 den Vertrag mit BASF unterzeichneten, begann eine Phase der Erläuterung des umfangreichen Vertragswerks. Das war insbesondere in den USA eine große Herausforderung, weil diese, anders als die EU-Kommission, keinen Treuhänder bestellt hatte, der sich im weiteren Verlauf um die Durchdringung der Details kümmerte. 

Was war rückblickend die größte Herausforderung?
Eine wichtige Aufgabe von uns Inhousejuristen war im Kern gar nicht juristisch: Wir mussten die Erwartungen der Behörden und der Fachabteilungen im eigenen Unternehmen managen und immer wieder Verständnis für die jeweiligen Positionen schaffen. Es gab viele Telefonate und Treffen mit den Kartellbehörden, die einfach dazu dienten, die Dinge zu erklären. Auf der einen Seite stehen Kollegen, die seit 20 Jahren im Pflanzenschutz arbeiten und mit den Themen ganz tief vertraut sind. Auf der anderen Seite stehen etwa bei der Kartellbehörde in Brüssel Beamte, die wirklich alles ausleuchten wollen. Die Vorstellung, dass man nur die richtigen Leute in der Kommission kennen muss, um so einen Deal genehmigt zu bekommen, ist nicht zutreffend. Eine gewisse Grundskepsis der Behörden ist sicher einer der Unterschiede zu Fusionskontrollen vor zehn Jahren. Um alle Anfragen zu bewältigen, müsste man eigentlich drei oder vier Jahre zwischen Signing und Closing haben. Aber die hat man eben nicht – das ist die große Herausforderung.

Das Gespräch führte Antje Neumann.

Das komplette interview lesen Sie im aktuellen JUVE Rechtsmarkt 08/2018.

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