Studierende nutzen heute selbstverständlich die KI. 90 Prozent setzen sie regelmäßig ein, 18 Prozent auch bei wissenschaftlicher Arbeit. Entsprechend, so folgerte Schicker, erwarte die kommende Anwaltsgeneration KI als Standard und nicht als Option. Kanzleien ihrerseits nutzen KI bereits bei Routine-, aber auch bei anspruchsvolleren Aufgaben. Beide Bereiche sind jedoch existenziell für die Ausbildung junger Juristinnen und Juristen – fällt sie an dieser Stelle weg, fehlt es dem Nachwuchs an Kompetenz und Urteilsvermögen.
Es kommt also darauf an, die KI für eine strukturierte Grundausbildung zu nutzen. So können etwa simulierte Erfahrungsräume geschaffen werden, indem die Kanzleien Dokumente zur Verfügung stellen, anhand derer gelernt werden kann. Wichtig seien auch Fehler-Discovery-Übungen, bei denen die Anwälte Fehler in Vertragstexten suchen müssen. Denn die Texte, die die KI produziert, seien zwar auf den ersten Blick gut formuliert, letztlich liege die Verantwortung dafür aber weiter bei den Anwältinnen und Anwälten, so Schicker. Die KI könne vielmehr selbst zum Lernwerkzeug werden, indem man sie beispielsweise als Diskussionspartner nutze oder etwa eine neue Richtlinie als Podcast präsentiere.
Und auch die Mentoren der Associates müssen diesen Weg mitgehen, da sich das Mentoring und Coaching vor dem Hintergrund von KI komplett verändert habe. Die Partner müssten sich darauf einstellen und mindestens die Grundlagen der Technik und des Promptens verstehen. Dabei dränge die Zeit, denn das Entwicklungstempo nehme zu. „Die Entwicklung, die wir erleben, ist jetzt schon schnell“, so Schicker, „aber sie ist das Langsamste, was wir jemals erleben werden.“