Aldi Nord-Erbe Theo Albrecht Junior streitet mit seiner Schwägerin und den Kindern seines verstorbenen Bruders Berthold. Vordergründig geht es um die Satzung einer von drei Stiftungen, die den Konzern beherrschen. Die haben erheblichen Einfluss auf das operative Geschehen bei Aldi, müssen sie doch alle wesentlichen strategischen Entscheidungen des Managements einstimmig genehmigen.
Um die Vorherrschaft bei Aldi Nord kämpfen zwei Familienzweige: Auf der einen Seite stehen Theo Albrecht Junior, der als einziger aktiv im Konzern arbeitet, und seine Mutter Cäcilie Albrecht, auf der anderen Seite Schwägerin Babette Albrecht und deren fünf Kinder. In den vergangenen Tagen ging Theo Albrecht jr. medial in die Offensive: Er warf der Gegenseite unter anderem vor, die Reputation des Unternehmen zu gefährden, weil sich Babette und ihre Kinder von einer Familienstiftung 25 Millionen Euro netto pro Jahr ausschütten lassen. Bemängelt wird auch der Lebensstil der Schwägerin, der dem Aldi-Clan zu exponiert ist. Doch vor allem fürchtet man, die Berthold-Erben könnten zu großen Einfluss im Unternehmen ausüben.
Länger schwelender Streit
Der Streit entbrannte Ende 2012 mit dem Tod von Berthold Albrecht, einem von zwei Söhnen des Aldi Nord-Gründers Theo. Firmenanwalt Emil Huber wurde damals mit der Testamentsvollstreckung betraut. Huber legte Bertholds Erben, seiner Frau Babette und den fünf Kindern, ein „Memorandum of Understanding“ vor, in dem sie zu Wohlverhalten im Sinne des Aldi-Gründers verpflichtet wurden. Sie müssen demnach „den Anforderungen eines guten Vorbildes“ genügen und „ihre Lebensführung – soweit sie für die Öffentlichkeit sichtbar wird – immer an den Erforderlichkeiten des Unternehmensleitbildes von Aldi“ orientieren.
Auf Verschwiegenheit und bescheidene Lebensführung hatte der Aldi-Clan seit jeher großen Wert gelegt. Streit gab es dann, als Huber, bis dahin Vertrauensanwalt für beide Familienzweige, für die Testamentsvollstreckung angeblich ein millionenschweres Honorar verlangte. Dabei steht in Bertholds Letztem Willen, der potenzielle Testamentsvollstrecker habe sich bereits vorab zur unentgeltlichen Übernahme des Amts bereit erklärt.
Die Berthold-Erben nahmen sich daraufhin einen eigenen Rechtsberater: Dr. Andreas Urban von Heuking Kühn Lüer Wojtek vertritt seitdem ihre Interessen, nicht nur in dem Familienzwist, sondern auch in einem Streit mit dem Kunsthändler Helge Achenbach.
Rein rechtlich streitet man um den Vorsitz einer von drei Stiftungen, die das Eigentum an Aldi halten. Bereits bei der Gründung wurde festgelegt, dass in jeder der Stiftungen das Aldi-Management sowie ein weiteres Mitglied aus dem Kreis der rechts- oder wirtschaftsberatenden Berufe zum Vorstand gehört.
Die Markus-Stiftung hält 61 Prozent an Aldi Nord, sie wird von Theo und Mutter Cäcilie beherrscht. In der Lukas-Stiftung, die 19,5 Prozent hat, gehört nur Theo Albrecht zum Vorstand. Die Jakobus-Stiftung hält weitere 19,5 Prozent – und um die Besetzung ihres Vorstandes ist der Streit entbrannt. Hier haben neben dem Management die Erben von Berthold Albrecht das Sagen.
Verwaltungsrechtlicher Punktsieg
Die Berthold-Erben errangen juristisch zuletzt einen Etappensieg: Vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht waren sie gegen den Kreis Rendsburg-Eckernförde vorgegangen. Der hatte Ende 2010 als zuständige Aufsicht eine Satzungsänderung genehmigt, die einem Vertreter des Essener Aldi-Verwaltungsrates und Huber feste Plätze im Vorstand der Jakobus-Stiftung sicherte.
Für die Familie waren nur noch zwei Plätze vorgesehen. Ein weiterer war für einen Manager aus dem Aldi-Verwaltungsrat reserviert und einer für einen Juristen aus dem Kreis „der die Aldi Unternehmensgruppe beratenden Anwälte“. Der Kreis dieser Anwälte war überschaubar, das Vorstandsmitglied konnte nur aus der damaligen Kanzlei Schmidt von der Osten & Huber kommen. Faktisch bedeutet die von Huber aufgesetzte Satzungsänderung also, dass er selbst einen Sitz in der Stiftung sicher hatte.
Strittig ist, unter welchen Umständen die Satzungsänderung zustande kam. Bertholds Witwe Babette erklärt, ihr Mann sei am 23. Dezember 2010 krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, die Bedeutung und Tragweite der Erklärung, die ihm Huber vorformuliert hatte, zu verstehen. Bruder Theo Albrecht jr. bezweifelt diese Darstellung. Die Satzungsänderung sei von beiden sorgfältig geplant und von ihm genauso gewollt gewesen.
Nächste Etappe
Das Verwaltungsgericht Schleswig folgte dem Antrag von Babette und ihren Kindern. Allerdings aus anderen Gründen: Weil Berthold die Änderungen auch stellvertretend für einen Mit-Vorstand unterschrieb, der zu dem Zeitpunkt erkrankt war, kippte das Gericht die Neuregelung aus formalen Gründen.
Die Genehmigung zur Satzungsänderung musste der Kreis zurücknehmen. Vor dem Verwaltungsgericht waren die Berthold-Erben von Dr. Karl-Josef Stöhr von Heuking Kühn Lüer Wojtek vertreten. Die Stiftungsaufsicht war von Prof Dr. Marcus Arndt von Weissleder & Ewer vertreten.
Als Beigeladener wird Huber von Dolde & Mayen-Partner Prof. Dr. Thomas Mayen beraten. Doch damit ist die Familienfehde um den Stiftungsvorstand nicht beendet. In zweiter Instanz wird das Oberverwaltungsgericht Schleswig darüber entscheiden, ob es in dem Streit die Berufung zulässt. Damit ist allerdings erst im Spätsommer zu rechnen.