Pkw-Maut-Ausschuss

Aussage gegen Aussage

Bei der Aufklärung der gescheiterten Pkw-Maut hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zentrale Vorwürfe zurückgewiesen. Ein Angebot der Betreiber, den Vertragsschluss bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aufzuschieben, habe es nach seiner Erinnerung nicht gegeben, sagte Scheuer im Untersuchungsausschuss des Bundestags. Damit steht Aussage gegen Aussage in dieser Frage.

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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer

Es war kurz nach Mitternacht, als der Minister auf das Treffen zu sprechen kam, um das es geht – ein Frühstück am 29. November 2018 im Ministerium, etwa 45 Minuten lang. Für die spätere Betreiberseite saß der Chef des Ticketspezialisten CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, dabei. Er habe Scheuer angeboten, mit der Vertragsunterzeichnung auf das Urteil zu warten, berichtete er. Der habe das aber „entschieden“ abgelehnt. Der Chef des zweiten Konsortialpartners Kapsch, Georg Kapsch, der ebenfalls teilnahm, bestätigte die Darstellung.

Scheuer konterte dies. Es habe auch kein Anlass bestanden, über eine Verschiebung eines Unterzeichnungstermins zu sprechen. Dieser Punkt spielt in der Aufklärung eine große Rolle. Denn Scheuer wird vorgeworfen, die Verträge Ende 2018 geschlossen zu haben, bevor Rechtssicherheit bestand. Die Maut lag da schon beim EuGH. Vor Scheuer hatte schon sein damaliger Staatssekretär Gerhard Schulz im Ausschuss verneint, dass es ein Warte-Angebot der Unternehmen gab. Für die Opposition ist die Frage noch nicht erledigt. FDP und Grüne kündigten zunächst für Schulz an, „wegen Ungereimtheiten und Erinnerungslücken“ eine Gegenüberstellung der Zeugen zu beantragen.

Bekannte Strafrechtler als Zeugenbeistand

Simone Kämpfer; Volker Schneble
Simone Kämpfer; Volker Schneble

Da die Logik eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in weiten Teilen der Strafprozessordnung folgt, beauftragen Zeugen häufig Strafverteidiger, die sie in manchen Fällen auch während ihres Auftritts im Untersuchungsausschuss begleiten. Bei Schulenberg, Kapsch und dem Geschäftsführer der Autoticket GmbH, Volker Schneble, war dies Dr. Simone Kämpfer von Freshfields Bruckhaus Deringer, die schon einige Mandanten in Untersuchungsausschüssen beraten hat.

Ob auch Scheuer mit Anwälten erscheinen würde, darüber war im Vorfeld viel spekuliert worden. Schließlich kann eine anwaltliche Begleitung leicht nach einem Schuldeingeständnis aussehen. Vor dem Ausschuss sagte er nun ohne anwaltlichen Beistand aus. Nach JUVE-Informationen ist indes bekannt, dass der Minister Ende des vergangenen Jahres den Rat von Prof. Dr. Bernd Schünemann eingeholt hatte, als er sich mit den Strafanzeigen von Abgeordneten diverser Parteien konfrontiert sah. Der emeritierte Jura-Professor war auch strafrechtlicher Beistand des ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU), in einem Untersuchungsausschuss des Stuttgarter Landtages.

Daniel Krause
Daniel Krause

Bekannt ist außerdem, dass die Berliner Strafrechtsboutique Krause & Kollegen häufig Mitarbeiter von Bundesministerien berät, auch bei ihren Aufritten in Untersuchungsausschüssen. Namenspartner Dr. Daniel Krause kam beispielsweise als Beistand von Ex-Staatsminister Schulz mit in den Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss.

Kein Pulver verschießen

Scheuer verteidigte es, die Verträge mit den Betreiberfirmen direkt nach dem EuGH-Urteil zu kündigen – und zwar nicht nur wegen des Urteils. Streitig ist auch, ob der Bund rechtmäßig wegen „Schlechtleistung“ gekündigt hat. Die Gründe der Kündigung sind wichtig für das laufende Schiedsverfahren, in dem die Betreiber 560 Millionen Euro Schadensersatz fordern. Dass die Inhalte der Schiedsklage parallel auch in dem Untersuchungsausschuss öffentlich aufgearbeitet werden, führt zu einer rechtlich spannenden Konstellation: Die Kläger Kapsch, TrafficCom und CTS Eventim müssen im Ernstfall im Ausschuss Informationen auf den Tisch legen, die sie im Hinblick auf das Schiedsverfahren lieber in der Hinterhand behalten hätten. Im Schiedsverfahren setzten die Betreiber bekanntlich auf Noerr, das Ministerium auf Orrick Herrington & Sutcliffe.

Sowohl Scheuer also auch die drei Firmenvertreter werden noch einmal vor dem Ausschuss aussagen müssen. Da sie sich derart widersprechen, fordert die Opposition dafür ein Kreuzverhör, da sich so „leichter feststellen ließe, wer die Wahrheit sagt oder was wahrscheinlicher ist“. (Christiane Schiffer, Martin Ströder, mit Material von dpa)

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