JUVE: In den vergangenen Jahren waren Sie in der KfW-Rechtsabteilung eigentlich sehr gut ausgelastet – unter anderem mit Sonderprogrammen zu Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs. Wieso haben Sie mit BReady noch ein weiteres Projekt angestoßen?
Dr. Karsten Hardraht: Die Zeit steht nicht still, und die Arbeitswelt ändert sich. Sie wird agiler und digitaler, gerade auch mit Blick auf generative künstliche Intelligenz. Und auch wir müssen uns dem Kampf um neue Talente stellen. Zudem kommen bei der Förderbank des Bundes die vielen Krisen in der Welt direkt an, auch in der Rechtsabteilung. Wir müssen darauf dann reagieren, indem wir zum Beispiel flexibel Aufgaben zuordnen. Für all diese Themen und Herausforderungen müssen wir gut aufgestellt sein. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Beratungsfirma Covolution das Zukunftsfähigkeitsprojekt BReady ins Leben gerufen.
Was gehört zu so einem Projekt?
Gestartet sind wir mit einer Analyse der Ausgangslage. Dabei haben wir unsere Stärken und Schwächen beleuchtet und identifiziert, welche Chancen und Risiken sich daraus ergeben. Auf dieser Basis haben wir für alle relevanten Dimensionen unserer Arbeit Ambitionen formuliert, die uns – ähnlich wie ein Nordstern – für unseren weiteren Weg Orientierung bieten. Ziele im engeren Sinne haben wir uns bewusst nicht gesteckt, um Orientierung auch über eine längere Zeit zu haben, außerdem bewahren wir so eine gewisse Flexibilität. Aus den Ambitionen leiten wir wiederum regelmäßig Maßnahmen ab, die wir in der Regel in sechsmonatigen Etappen umsetzen. Aktuell sind wir jetzt mitten in der dritten Etappe.
Wer ist dafür verantwortlich?
Wir bilden für jede Maßnahme ein ‚Umsetzungsteam‘ aus dem Bereich. Sie organisieren sich selbstständig und informieren regelmäßig über den aktuellen Stand. Als General Counsel bin ich manchmal Teil dieser Teams, in erster Linie jedoch Mitglied des ‚Entwicklungskreises‘, der den Gesamtprozess steuert, Maßnahmen abnimmt und festlegt, welche Themen wir als nächstes angehen.
Was waren die bisher wichtigsten Änderungen durch das Projekt?
Wir haben zum Beispiel einen ‚digitalen Arbeitsplatz‘ eingeführt. Das ist eine Oberfläche am PC, über die alle Mitarbeitenden direkten Zugriff auf die wichtigsten Quellen für ihre tägliche Arbeit haben, also auf Verzeichnisse, juristische Datenbanken und Co. Zudem haben wir ein Gen-AI-Projekt auf den Weg gebracht und der IT umsetzungsreif übergeben. Die Umsetzung dauert nun allerdings noch, da aktuell zwei hausweite Projekte die entsprechenden IT-Kapazitäten binden. Gerade haben wir außerdem unsere Anforderungen an ein Tool zum digitalen Wissensmanagement definiert, das wir nun auf Basis von SharePoint pilothaft umsetzen werden. In der nächsten Etappe werden wir uns mit Themen für eine Lernreise beschäftigen, die unsere Mitarbeitenden fit machen soll für die Arbeitswelt von morgen, dazu wünsche ich mir z.B. auch so etwas wie Experimentierräume für das Thema Prompting.
Wie zufrieden sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen?
Sehr! Das Projekt bereitet vor allem deshalb Freude, weil enorm viele Mitarbeitende beteiligt sind und sich mit toller Energie einbringen. Dadurch wird sehr viel Kreativität freigesetzt und es kommen viele unterschiedliche Perspektiven zur Geltung. Rund die Hälfte des Bereichs war bzw. ist bereits in irgendeiner Form involviert. Das war immer mein Ziel. Ich halte nichts davon, einen Veränderungsprozess etwa durch ein Innovationsteam von oben herab zu organisieren. Das ist nicht unser Stil. Wir sind so jetzt schon viel weiter als ich es mir zu Beginn vorgestellt hatte – und schon der Prozess als solcher transformiert uns.
Welche Empfehlungen können Sie Kolleginnen und Kollegen mitgeben, die vor einem ähnlichen Veränderungsprozess stehen?
Dass sie sich nicht wegducken, sondern die Herausforderungen annehmen – und dabei die Kraft von möglichst vielen Kolleginnen und Kollegen nutzen. Und dass sie nicht immer auf komplett ausgereifte Lösungen setzen. Stattdessen sollten sie den Mut haben, mit schon gut lebensfähigen Arbeitsprodukten zu arbeiten und diese dann kontinuierlich zu verbessern. Das ist uns als Juristen zwar nicht gerade in die Wiege gelegt. Aber damit kommt man in solchen Zusammenhängen eindeutig schneller voran.
Karsten Hardrath ist einer der Keynote Speaker bei der diesjährigen Legal Operations Konferenz.
Diese findet am 13. und 14. Juni in Köln statt.