Kommentar

Berlin ist wieder mal sexy

Autor/en
  • Eva Lienemann

Vor nicht allzu langer Zeit sagten diverse Studien den Vormarsch alternativer Rechtsdienstleister voraus. Diese hätten mit schlanken Strukturen und technischem Know-how das Zeug, Großkanzleien mit ihren Heerscharen von Associates arbeitslos zu machen, indem sie ihnen die Commodity-Arbeit wegnehmen. Dann kam Dieselgate, und was machte die VW-Kanzlei Freshfields? Stellte massenhaft Juristen ein, die Berge von Akten sichten und bewerten. Commodity-Arbeit.

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Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich auch bei Freshfields die Erkenntnis durchsetzt, dass man für diese Arbeit weder ein repräsentatives Büro auf der Maximilianstraße, noch Associates mit Doppel-VB braucht. Folglich entstehen nun auch in Deutschland Servicecenter nach Manchester-Vorbild. Dort arbeiten keine Robo-Anwälte auf irgendwelchen Plattformen, sondern schlicht und ergreifend berufserfahrene Diplomjuristen, die die Kanzlei in etwa die Hälfte eines Doppel-VB-Associates kosten. Berlin als Standort liegt auf der Hand – die Stadt ist ein Brennglas der aktuellen Trends, was Digitalisierung, neue Formen des Arbeitens und die ideenreiche Start-up-Szene betrifft. Guten Nachwuchs für günstiges Geld zu engagieren – das gelingt Kanzleien hier beinahe im Schlaf. 

Dass neben Freshfields, die auf ein Vorbild aus dem britischen Heimatmarkt zurückgreifen kann, auch die personalstärkste deutsche Großkanzlei CMS ein solches Center eröffnet, lässt besonders aufhorchen: Der pauschale Vorwurf, der deutsche Rechtsmarkt verschlafe reihenweise Trends, stimmt so nicht mehr. An den Servicecentern zeigt sich, wo der Vorteil der oft als träge geschmähtem Großkanzleien liegt: Die Konzernkontakte der alternativen Anbieter sind bislang – höflich ausgedrückt – überschaubar. Freshfields’ und CMS’ Draht in die Vorstandsetagen aber, gepaart mit schlanken und günstigen Serviceeinheiten, könnte den Großkanzleien eine goldene Zukunft bescheren. (Eva Lienemann)

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