Der Zorn trifft die Falschen. Denn im Grunde tut die heutige Bewerbergeneration genau das, was die Kanzleien von ihr erwarten: Sie denkt unternehmerisch, wägt Investitionen gegen Renditeerwartungen ab – und scheut sich nicht, klare Entscheidungen zu treffen. Es ist auch nicht so, dass die jungen Juristen sich nicht mehr für gemeinsame Ziele einsetzen würden. Das Dilemma liegt darin, dass die Ziele der Junganwälte seltener denn je den Zielen ihrer Kanzleien entsprechen. Diese Entwicklung haben die Kanzleien durch ihren immer restriktiveren Umgang mit dem Equity-Partnerstatus selbst angestoßen. Die logische Reaktion: Nur die wenigsten Junganwälte wollen unbedingt Vollpartner werden – laut azur-Associateumfrage gerade einmal 15,6 Prozent.
Nun müssten die Kanzleien ihre Personalstrategien auch zu Ende denken. Wer unbedingt nur Associates mit Partnerambitionen um sich herum haben will, wird realistische Aufstiegschancen bieten müssen. Wer das nicht kann oder will, sollte seinen Frieden damit machen, dass die jungen Kollegen ‚nur‘ hoch intelligent, gut ausgebildet und leistungsbereit sind – und ihnen die Gegenleistung bieten, die sie erwarten. Zum Beispiel Alternativen zum Partnerstatus, denen kein Lückenbüßer-Image mehr anhaftet. Wenn die große Mehrheit sowieso wichtigere Ziele verfolgt als die Partnerschaft, wäre das eigentlich nur realistisch.